Roland Koch legt alle Ämter nieder
25. Mai 2010Der 52-jährige CDU-Ministerpräsident kündigte am Dienstag (25.05.2010) in Wiesbaden an, er werde am 31. August sein Amt als Regierungschef aufgeben. Der Mensch und das Amt sollten nicht miteinander verwachsen, sagte er. Für den Posten als Landesvorsitzender der Union in Hessen werde er am 12. Juni ebenso nicht mehr antreten wie als Partei-Vize auf Bundesebene. Selbst dem Landtag, so Koch, wolle er nicht mehr angehören.
"Ich habe mir diesen Zeitpunkt sehr genau ausgesucht", sagte er. CDU-Chefin Angela Merkel und seine Familie hätten schon seit mehr als einem Jahr von seinem Rücktritt gewusst. Gesundheitliche Gründe hätten keine Rolle bei der Entscheidung gespielt. Er habe immer großen Wert auf eine "angemessene Balance" zwischen dem politischen Engagement einerseits und "Selbstständigkeit und Unabhängigkeit auf der anderen Seite" gelegt.
Bouffier Favorit für die Nachfolge
Zu seiner Nachfolge machte Koch keine Angaben. Am Dienstagabend schlugen der Landesverband und die Kreisvorsitzenden der CDU einstimmig in Bad Nauheim vor, dass der 58-jährige Innenminister Volker Bouffier neuer Landesvorsitzender werden soll. Er gilt damit auch als Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten.
CDU-Umweltministerin Silke Lautenschläger wird dem neuen Kabinett ebenfalls nicht mehr angehören. Roland Koch sei immer ihr politisches Vorbild gewesen, vertraute sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" als Begründung an.
"Ein paar Monate durchatmen"
Nach seiner Zeit in der Politik will Koch eigenen Worten zufolge voraussichtlich wieder "im Bereich von Wirtschaft und unternehmerischer Entscheidung" aktiv sein. Der gelernte Anwalt: "Ich werde erst darüber entscheiden, wenn ich aus dem Amt ausgeschieden bin." Zunächst gebe es ein paar Monate Zeit zum "durchatmen". In Pension werde er jedoch noch lange nicht gehen.
Unverhofft wieder an der Macht
Koch, der aus Eschborn bei Frankfurt kommt, regiert seit 1999 in Hessen. Dass er nach der für ihn miserablen Landtagswahl Anfang 2008 nicht vom politischen Thron kippte, verdankte er nur dem Fiasko der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti. Deren Versuch, eine rot-grüne Koalition mit Hilfe der Linken zu bilden, scheiterte spektakulär und brachte Koch unverhofft mit der FDP ans Ruder.
Koch prägte in den zurückliegenden Jahren auch die Bundespolitik mit. Noch zuletzt hatte Hessens Regierungschef mit seiner Forderung nach Einsparungen bei Bildung und Kinderbetreuung auch Kritik in den eigenen Reihen ausgelöst und sich damit gegen Kanzlerin Angela Merkel gestellt. Als deren Rivale galt er lange Zeit.
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck würdigte Koch zum Abschied als "rechten Hardliner", dessen Abschied zwei Jahre zu spät komme. FDP-Außenminister Guido Westerwelle sprach dagegen von "Dank und Respekt". Auswirkungen auf die Politik in Berlin erwarte er nicht.
Autor: Gerd Winkelmann (rtr, dpa, afp, apn)
Redaktion: Hajo Felten/Reinhard Kleber