"Rosinenbomber" für Katar
11. Juni 2017Die fünf Maschinen hatten 90 Tonnen frische Nahrungsmittel, hauptsächlich Obst und Gemüse geladen, wie ein Sprecher der staatlichen Fluggesellschaft Iran Air der Nachrichtenagentur AFP bestätigte. Ein sechstes Flugzeuge soll im Tagesverlauf starten. Zudem liefen laut der Nachrichtenagentur IRNA mehrere Schiffe mit 460 Tonnen Lebensmitteln aus dem Hafen der iranischen Stadt Dajjer aus, die gegenüber dem kleinen Katar am Persischen Golf liegt. Wenn die Führung des Emirats darum bitten sollte, werde es weitere Lieferungen geben, hieß es.
Katar ist darauf angewiesen, 90 Prozent seiner landwirtschaftlichen Produkte zu importieren, 40 Prozent kamen bislang aus Saudi-Arabien. Doch das wahabitische Königkreich hatte am Montag zusammen mit den Vereinten Arabischen Ermiraten, Ägypten und Bahrain die diplomatischen Beziehungen zu dem Emirat abgebrochen, ein Wirtschaftsembargo gegen den Nachbarn verhängt und den Flugverkehr eingestellt. Alle Bürger Katars wurden angewiesen, die vier Länder binnen zwei Wochen zu verlassen. Das Vorgehen löste die größte diplomatische Krise am Golf seit Jahren aus.
Katar verzichtet auf Ausweisungen
Die Regierung in Doha verzichtete bislang auf Gegenmaßnahmen. Die in dem Emirat lebenden Staatsbürger aus Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten werden vorerst nicht ausgewiesen. Man werde "keine Maßnahmen" gegen Bewohner des Emirats mit den Staatsangehörigkeiten der Länder ergreifen, die im Zuge einer "feindlichen und tendenziösen Kampagne" ihre Beziehungen zu Katar abgebrochen haben, sagte ein Sprecher an diesem Sonntag. Betroffen sind nach offiziellen Angaben mehr als 8250 Saudis, knapp 2350 Bahrainer und rund 780 Menschen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Offiziell begründeten die vier arabischen Staaten ihr Verhalten mit dem Vorwurf, Katar finanziere Terrororganisationen. Das Emirat weist die Anschuldigungen zurück. Konkret geht es insbesondere den Saudis darum, dass Doha seine Schützenhilfe für die Muslimbruderschaft und die radikalislamische Hamas im palästinensischen Gazastreifen beendet. Eine Rolle spielt auch das relativ gute Verhältnis Katars zum schiitischen Iran. Beide Länder kooperieren wirtschaftlich. So beuten sie gemeinsam Gasfelder im Persischen Golf aus. Die beiden verfeindeten Regionalmächte Saudi-Arabien und Iran streiten um die Vorherrschaft in der Region.
Kuwait und Russland bieten Vermittlung an
Kuwait bemühte sich unterdessen um Vermittlung in dem Konflikt. Außenminister Sabar Khaled Al-Sabah erklärte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Kuna, "die Brüder in Katar" seien bereit, die "Vorahnungen und Sorgen ihrer Brüder zu verstehen und auf ihre Bemühungen zu reagieren, die auf eine Steigerung der regionalen Sicherheit und Stabilität abzielten." Es sei notwendig, dass die Golfstaaten den Konflikt selbst lösen.
Zuvor hatte sich auch Russland als Schlichter angeboten. Moskau habe die Eskalation des Konflikts mit Sorge verfolgt, sagte der russischen Außenminister Sergej Lawrow am Samstag bei einem Treffen mit seinem katarischen Kollegen Scheich Mohammed al-Thani. "Wir sind für die Beilegung aller Meinungsverschiedenheiten im Dialog", so Lawrow.
se/rb (afp, rtr, dpa)