Ruhrtriennale: Neuanfang nach dem Balanceakt
Festival-Chefin Stefanie Carp stand vor dem Rausschmiss, weil sie eine israelkritische Band zur Ruhrtriennale eingeladen hatte. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Doch was bleibt nach dem Streit? Ein Rückblick.
Eingeladen: Young Fathers
Festival-Intendantin Stefanie Carp hatte 2018 auch die schottische Band "Young Fathers" eingeladen. Angeblich, ohne zu wissen, dass das Erfolgstrio die antiisraelische BDS-Bewegung unterstützt. BDS verlangt Boykott, Investitionsabzug und Sanktionen gegen den jüdischen Staat und seine Vertreter. Schnell formierte sich lautstarker Protest gegen Festivalchefin Carp.
Diskutiert: Die Freiheit der Kunst
Eine solche Band im Programm der öffentlich finanzierten Ruhrtriennale? "Ein Unding!", befand NRW-Ministerpräsident Armin Laschet - und kam nicht zur Eröffnungsveranstaltung. Intendantin Carp lud die Band erst aus, dann wieder ein. Dann sagten "Young Fathers" ab. Bei einer Podium mit Ex-Bundestagspräsident Lammert und Kulturministerin Pfeiffer-Poensgen stritt man über die Freiheit der Kunst.
Demonstriert: Freunde Israels
Pro-israelische Demonstranten marschierten mit Fahnen und Spruchbändern am Rande der Diskussionsveranstaltung auf und empörten sich über die israelkritische Boykottbewegung BDS. Festivalintendantin Carp warfen sie lautstark Antisemitismus vor. Die so Gescholtene wies das zurück.
Aufgeführt: Universe Incomplete
Abseits des Polit-Skandals lief dann aber vieles richtig gut bei der Ruhrtriennale 2018: Zu den Höhepunkten zählte die Musiktheater-Inszenierung "Universe, Incomplete". Die Komposition stammte von dem Amerikaner Charles Ives, blieb jedoch unvollendet. Bis sich der Schweizer Regisseur Christoph Marthaler des Werkes annahm. "Ein großes Kunstwerk", urteilte die Rezensentin der Deutschen Welle.
Gefeiert: Marthaler und Carp
Lebenslang beschäftigte den amerikanischen Komponisten Ives das Projekt einer "Universe Symphony" - einer Sinfonie, die das gesamte Universum musikalisch abbilden sollte, das menschliche Leben mit der Vergangenheit und in all seinen wesentlichen Aspekten. Als Ives 1954 starb, blieb sein Werk Fragment. Nun wagte Christoph Marthaler eine Bearbeitung. Er und Intendantin Carp wurden dafür gefeiert.
Überstanden: Intendantin Stefanie Carp
Bei der Ruhrtriennale wurde wurde heftig gestritten über Antisemitismus und die antiisraelische "BDS"-Bewegung. Dann aber rückte die Kunst wieder in den Vordergrund. Das Programm begeisterte, und auch die Zahlen stimmten: 80 Prozent Auslastung, mehr als 27.000 verkaufte Karten. Nach ihrer ersten, bewegten Spielzeit steht Festivalleiterin Stefanie Carp nun vor der Fortsetzung - und einem Neuanfang.