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Duma geht gegen ausländische Medien vor

Miodrag Soric
15. November 2017

Ein neues Gesetz zielt auf internationale Medien in Russland ab. Sie könnten demnächst als "ausländische Agenten" gekennzeichnet werden. Auch Webseiten können geblockt werden.

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Russland Hauptstadt Moskau Manege-Platz
Die Duma, das russische ParlamentBild: DW/M. Mohseni

In den Nachrichten des staatlich gelenkten russischen Fernsehens wurde die Entscheidung der Abgeordneten mit den Worten angekündigt: "Selten war das Parlament so einig wie hier." Gemeint ist das neue Mediengesetz, welches im russischen Unterhaus einstimmig verabschiedet wurde. Alle anwesenden 409 Volksvertreter nickten es ab – ohne Gegenstimmen. Das Gesetz wird gültig, wenn das Oberhaus (Senat) und Präsident Wladimir Putin zustimmen.

Das Gesetz zielt auf "internationale Medien," die ganz oder teilweise "aus dem Ausland finanziert werden". Sie könnten demnächst als "ausländische Agenten" gekennzeichnet werden. Medien, die davon betroffen wären, müssten zum einen ihre Finanzierung offen legen; zum anderen hätten sie die Pflicht, ihre Produkte mit dem Hinweis zu versehen von einem "ausländischen Agenten" zu stammen. Die Registrierung eines "ausländischen Agenten" erfolgt durch das russische Justizministerium.

Verschärfung in zweiter Lesung

In der zweiten Lesung wurde das Gesetz weiter verschärft. Demnach kann die Webseite eines Mediums geblockt werden, wenn die russische Regierung sie für "unerwünscht" erklärt.

Das neue Mediengesetz kennt keinen Automatismus. Es wird kein Sender, keine Radiostation oder Webseite explizit genannt. Es gilt eine Einzelfallprüfung durch das Justizministerium. Völlig unklar ist, was passiert, wenn sich ein Medium trotz Aufforderung weigern sollte, sich als "ausländischer Agent" registrieren zu lassen. Unklar ist ferner, welche Kriterien die russische Seite anlegt, um ein Medium so zu kennzeichnen. Offenbar ist diese Ungenauigkeit erwünscht. 

Der stellvertretende Vorsitzende der Duma und Mitglied von Putins Partei "Einiges Russland", Pjotr Tolstoi, behauptet, dass das Gesetz "nicht die Pressefreiheit in Russland einschränken" werde. Es sagte ferner, dass auch russische Medien, die nur teilweise vom Ausland finanziert würden, ebenfalls nicht betroffen seien. Der Pressesprecher des Präsidenten, Dimitri Peskov, erklärte nach der Abstimmung, dass das Gesetz eine direkte Antwort sei auf Restriktionen, die russischen Medien – vor allem "Russia Today" (RT) und "Sputnik" auferlegt worden sei. "Jeglicher Angriff auf die Freiheit russischer Medien im Ausland, wird nicht unbeantwortet bleiben", erklärte er.

Reaktion auf US-Restriktionen

Die Oberkammer, der Föderationsrat, wird sich am 22. November mit dem Gesetz beschäftigen. Senator Andrej Klimov, sagte im russischen Fernsehen, das das Gesetz nicht gegen die Deutsche Welle gerichtet sei oder gegen die Bundesregierung; auch nicht gegen Frankreich oder andere Länder. Es sei vielmehr eine Antwort auf eine unfreundliche und gesetzwidrige Maßnahme gegen russische Medien (in den USA). In diesem Sinne müsse die russische Gesetzgebung adäquat sein. "Keiner will einen Krieg mit der ganzen Welt und mit allen Medien beginnen", so der Senator.

Das in der Duma verabschiedete Gesetz ist eine Folge der sich weiter verschlechternden Beziehungen zwischen den USA und Russland. Washington wirft Moskau vor, die Präsidentenwahl 2016 beeinflusst zu haben – auch mit Hilfe des staatlich gelenkten und finanzierten Propaganda-Senders RT. Dieser habe sich nach Aufforderung durch US-Behörden am 13. November unter dem "Foreign Agents Registration Act" (FARA) als "ausländischer Agent" registriert. Der Kreml betrachtet dies als Angriff auf russische Medien und Interessen. Putin hat bereits vor Tagen Gegenmaßnahmen angekündigt.

Die neuen russischen Maßnahmen gegen internationale Medien lehnen sich an ein Gesetz an, welches die Duma 2012 verabschiedet hat. Danach müssen vom Ausland finanzierte NGOs sich als Vertreter ausländischer Einrichtungen registrieren lassen. Damals reagierte der Kreml auf Demonstrationen gegen Wladimir Putin. Die Regierung unterstellte Nichtregierungsorganisationen, hinter den damaligen Protesten zu stecken, was frei erfunden ist. Inzwischen sind in Russland elf NGOs als "unerwünscht" gekennzeichnet worden. Einige haben Russland verlassen. Keine ihrer Websites ist allerdings geblockt worden.

"Sorge" und "Befremden" äußerte die Bundesregierung über das neue Mediengesetz. Regierungssprecher Seibert sagte, dass es "in eklatanter Weise den Verpflichtungen widerspricht, die Russland als Mitglied des Europarats auch auf sich genommen hat. Deswegen halten wir es für völlig inakzeptabel, wenn deutsche und europäische Medien als Folge einer russisch-amerikanischen Kontroverse jetzt Beschränkungen unterworfen werden sollen."

Drohungen gegen ausländische Medien

Gleichzeitig drohte Stunden nach der Duma-Sitzung Pjotr Tolstoi unverhohlen ausländischen Medien. Gegenüber der DW sagte er: "Wenn sie ( = die ausländischen Medien, Anmerk. d. Übersetzers) der Versuchung nicht erliegen, Sachen über unser Land zu verbreiten, die nicht auf Fakten beruhen, sondern ausgedacht sind, wie das in letzter Zeit passiert, dann werden die Rechte von keinem einzigen Massenmedium eingeschränkt." Wenn russische Medien im Ausland eingeschränkt würden, müsse Russland antworten.

Ins gleiche Horn blies Andrei Isajev, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von "Einiges Russland". In den letzten Tagen hatte der Abgeordnete gesagt, dass das neue Mediengesetz auch den deutschen Auslandssender treffen könnte. Dazu sagte Andrei Isajev im DW-Gespräch: "Ich habe die Deutsche Welle nur als sein Beispiel für ein ausländisches Medium erwähnt. Deutschland hat (bislang) nicht die Recht von RT eingeschränkt. Ich hoffe, es werden keine Maßnahmen unternommen werden müssen, um die DW als ausländischen Agenten zu registrieren." Er hoffe, dass es keinen "Konflikt zwischen unseren Staaten" geben werde.