Rubel für das Regime
7. August 2012Anrufe von UN-Generalseketär Ban-Ki Moon, Kompromissvorschläge des Sondergesandten Kofi Annan, Sanktionen gegen Mitglieder seiner Regierung – davon lässt sich Bashar al-Assad bislang nicht beeindrucken. Zwar gerät der syrische Staatschef international immer stärker unter Druck. Aber die Regierungen in Moskau und Peking halten Assad auch 18 Monate nach Beginn des Aufstands gegen das syrische Regime den Rücken frei.
Mangel an Erdölprodukten
Inzwischen scheint die syrische Regierung allerdings nicht nur politisch, sondern auch finanziell auf Russland angewiesen zu sein. Medienberichten zufolge hat die Regierung in Damaskus ihre Verbündeten in Moskau Anfang August 2012 um Finanz- und Wirtschaftshilfe gebeten. Sie will damit die Folgen der westlichen Sanktionen abfedern, die inzwischen auch die syrischen Erdölexporte umfassen. Vize-Regierungschef Kadri Dschamil habe bei Gesprächen in Moskau besonders einen Mangel an Erdölprodukten wie Diesel beklagt, hieß es. Russland wolle den Antrag prüfen, meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Beobachter gehen davon aus, dass Syrien seine geschätzten Währungsreserven in Höhe von umgerechnet 14 Milliarden Euro bald aufgebraucht hat.
Vorteile für Moskau
"Russland hat die Aufgabe übernommen, Syrien in der aktuellen Lage wirtschaftlich zu unterstützen", wird Dschamil zitiert. Von dieser Unterstützung profitiert aber nicht allein Damaskus. Auch Moskau verspricht sich davon Vorteile. "Russland ist daran interessiert, einen Fuß in der Tür des Nahen Ostens zu behalten", sagt Gerhard Fulda, deutscher Botschafter a.D., der viele Jahre als Diplomat in arabischen Ländern gearbeitet hat. "Das ist einer der wenigen Bereiche, in denen Russland noch Weltpolitik betreiben kann." Syrien stellt heute den Rest des sowjetischen Einflussbereichs in der Region dar, der früher die halbe arabische Welt umfasste. Mit dem Sturz des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi wurde dieser Bereich erst kürzlich weiter reduziert.
Waffen für das syrische Regime
Mit einem Veto im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen konnte Russland aber bislang jeden Versuch der Staatengemeinschaft unterbinden, schärfer gegen das syrische Regime vorzugehen. Kein Wunder: Seit Jahrzehnten schon liefert Russland Waffen nach Syrien. Die arabische Republik, die mit den finanziellen Ressourcen der Golf-Staaten nicht mithalten kann, kauft das, was sie sich beschaffen und leisten kann. Im Gegenzug gewährt sie den Russen Zugang zu deren einzigem Mittelmeerhafen, dem Flottenstützpunkt im syrischen Tartus. Der Verlust dieses Hafens würde die russische Flotte auf das Schwarze Meer zurückwerfen – ein schwerer Rückschlag für die Jahrhunderte alten russischen Ambitionen, auch eine Mittelmeermacht zu sein.
Sorge vor politischem Umsturz
Dass die russische Regierung das syrische Regime unterstützt, liege auch daran, dass es die Folgen eines politischen Umsturzes fürchtet. "Eine der Alternativen zu Assad ist eine sunnitische, möglicherweise fundamentalistische Regierung", sagt Gerhard Fulda. Das könnte sich auch auf die islamischen Republiken in Zentralasien auswirken. In den Staaten, die früher zur Sowjetunion gehörten, verfolgt Russland als Regional- und Schutzmacht jedoch ganz eigene Interessen.
Kooperation mit Iran
Genau wie China ist Russland daran interessiert, den Einfluss des Westens und seiner Verbündeten in der Region, wie Saudi-Arabien, im ressourcenreichen Nahen Osten zurückzudrängen. Deshalb stützt es nicht nur Syrien, sondern kooperiert auch mit Iran, dem engsten syrischen Verbündeten. Mit den schweren Menschenrechtsverletzungen des Assad-Regimes hat Russland offenbar kein Problem. Russische Rubel für Damaskus sind also durchaus denkbar.