Russische und ukrainische Touristen im Ausland gestrandet
4. März 2022Allein in der Dominikanischen Republik halten sich derzeit rund 14.800 russische und knapp 3000 ukrainische Touristen auf. Der Karibikstaat kündigte an, ihnen das Aufenthaltsrecht in einer Unterkunft zu garantieren, "bis eine endgültige Lösung für ihre Situation angesichts des Konflikts in ihren Ländern gefunden ist", hieß es in einer Mitteilung des Tourismusministeriums. Eine entsprechende Vereinbarung hätten die Regierung und der Hotel- und Gaststättenverband Asonahores sowie Hotelvertreter getroffen.
Darüber hinaus sei mit den russischen Reiseveranstaltern ein Prozess für die Rückkehr der Touristen nach Russland abgesprochen worden. Dem wichtigsten ukrainischen Touranbieter zufolge sollten die etwa 1900 Besucher in den zugewiesenen Hotels bleiben, bis eine Lösung für ihre Heimkehr gefunden sei.
Nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine haben viele Länder den Flugverkehr mit Russland eingestellt und russischen Maschinen den Überflug über ihr Territorium verboten. Im Gegenzug sperrte Russland seinen Luftraum für Flugzeuge aus 36 Ländern. Dadurch sitzen weltweit etwa 150.000 Reisende fest, weil sie nicht mehr zurück in ihre Heimatländer gelangen können.
Tränenreicher Appell
Die Honorarkonsulin der Ukraine in der Dominikanischen Republik, Ilona Oleksandrivna, hatte am Dienstag dieser Woche in einer Pressekonferenz unter Tränen den Präsidenten Luis Abinader um ein Gespräch gebeten, um gestrandeten Ukrainern zu helfen. Ihren Angaben zufolge mussten mehr als 1200 ihrer Landsleute wegen Geldmangels die Unterkünfte verlassen und lebten jetzt "auf der Straße". Ein Berater für Einwanderungsfragen des ukrainischen Konsulats sagte, bei vielen Betroffenen springe ihre Reiseversicherung bei Krieg nicht ein.
Der dominikanische Tourismusminister David Collado kündigte ein Treffen mit Vertretern der Privatwirtschaft an um sicherzustellen, dass die gestrandeten Ukrainer problemlos bleiben könnten. "Der dominikanische Staat wird verantwortungsvoll und mit menschlicher Sensibilität reagieren", sicherte der Minister zu.
Touristen aus Russland und der Ukraine machen etwa zehn Prozent aller Besucher in der Dominikanischen Republik aus. Allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres seien es fast 110.000 gewesen.
Gastfreundliches Ägypten
Auch in Ägypten sitzen Tausende Touristen fest. Offiziellen Schätzungen zufolge können rund 20.000 Ukrainer nicht mehr in ihre Heimat zurückreisen.
Wie das Online-Portal mein-aegypten.com berichtet, hat das Tourismusministerium die Manager der Drei-Sterne-Hotels angewiesen, gestrandete ukrainische Touristen mit drei Mahlzeiten pro Tag und Getränken zu versorgen. Der Tourismusfonds werde die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung übernehmen. Gäste in Vier- und Fünf-Sterne-Unterkünften sollten dagegen selbst entscheiden, ob sie auf eigene Kosten in ihren Hotels bleiben oder in die subventionierten Drei-Sterne-Häuser umziehen wollten.
Touristen aus der Ukraine erhalten üblicherweise ein "tourist visa on arrival". Dieses Visum erlaubt ihnen einen Aufenthalt in Ägypten für 30 Tage. Wie die ägyptische Botschaft in Berlin der DW mitteilte, haben viele der Urlauber diese Zeit noch nicht ausgeschöpft.
Das Tourismusministerium gab darüber hinaus nach einem Treffen mit Vertretern des Außenministeriums, des Verkehrsministeriums und der Tourismusbranche bekannt, dass Touristen aller Länder, deren internationaler Flugverkehr aktuell beeinträchtigt ist, in ihren Hotels bleiben könnten, bis ihre sichere Rückkehr in ihr Land gewährleistet sei.
Im vergangenen Jahr machten mehr als 1,4 Millionen Menschen aus der Ukraine Urlaub in Ägypten. Damit stellten sie die zweitgrößte Gruppe von europäischen Touristen in dem Land am Nil.
Ukrainer auf Sansibar gestrandet
Auf der zu Tansania gehörenden Insel Sansibar sind nach Angaben lokaler Behörden ebenfalls mehrere hundert Ukrainer gestrandet. Bei den "fast 1000" Menschen handele es sich um "Touristen", die nach der Invasion durch Russland nicht mehr in ihre Heimat zurückfliegen könnten, berichtete die Zeitung "The East African". Nun suche man nach einer diplomatischen Lösung. Im Raum stehe eine Weiterreise nach Polen.
Laut der Tourismusministerin der semiautonomen Insel, Lela Muhamed Mussa, sind die Urlauber in Hotels untergebracht. Einige wohnten kostenlos und erhielten humanitäre Unterstützung, heißt es seitens der Behörden. Man versuche, den gestrandeten Ukrainern bestmöglich zu "helfen", so Sansibars Präsident Hussein Mwinyi. Konsularische Unterstützung erhielten sie von der ukrainischen Botschaft in Kenia.
Touristen sitzen auch in Europa fest
In Europa gehören Griechenland und die Türkei zu den beliebtesten Urlaubszielen der beiden im Krieg befindlichen Länder. So verzeichnete die Türkei im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Gäste aus der Ukraine und 4,7 Millionen aus Russland. Wie viele Reisende aus den beiden Ländern sich derzeit in der Türkei befinden, konnte die türkische Botschaft in Berlin am Freitag nicht mitteilen.
Wie die griechische Botschaft in Berlin der DW unter Bezug auf die Behörden in Athen mitteilte, sind zurzeit nur wenige Touristen aus der Ukraine im Land. Es gebe aber mittlerweile mehr als 2700 ukrainische Flüchtlinge, denen in Griechenland geholfen werde.
Aus Russland sind den Angaben zufolge dagegen momentan rund 2000 Besucher in Griechenland. Sie erhalten üblicherweise ein Visum, mit dem sie innerhalb eines halben Jahres 90 Tage in Griechenland verbringen dürfen. Die griechischen Behörden arbeiteten eng mit den Botschaften beider Länder zusammen, um den jeweiligen Staatsangehörigen bestmöglich zu helfen.
Probleme im Zahlungsverkehr
Viele russische Reisende haben darüber hinaus mit massiven organisatorischen Problemen zu kämpfen. In den sozialen Netzwerken häufen sich Berichte, dass Kreditkarten und andere Zahlungsmittel nicht mehr akzeptiert werden, nachdem diverse russische Banken aus dem SWIFT-System für den internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen wurden.
Auch Bezahlsysteme wie ApplePay und GooglePay sind nach Angaben des rumänischen Reiseportals AirlinesTravel davon ebenso betroffen wie Abhebungen an Bankautomaten. Die Informationen stammen demnach sowohl von Banken als auch von Touristen, die zahlreiche Kommentare in sozialen Netzwerken hinterlassen.
Diese organisatorischen Probleme sind aber nur die eine Seite. Hinzu kommt für alle die Tatsache, dass sie fern der Heimat festsitzen. Und viele wissen nicht, wie ihre Heimat überhaupt aussehen wird, wenn sie zurückkehren werden.