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Rückschlag für christliche Fundamentalisten

Daniel Scheschkewitz, Washington DC22. Dezember 2005

Ein US-Bundesrichter hat einer Schulbehörde untersagt, die Theorie, wonach die Welt von einem "intelligenten Wesen" geschaffen wurde, als Alternative zur Evolutionslehre im Biologierunterricht zu lehren.

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Der Streit zwischen den Anhängern der darwinistischen Evolutionslehre und den gläubigen Christen, die diese Theorie an amerikanischen Schulen gerne durch die Lehre vom "intelligenten Design" ersetzt wissen möchten, tobt in den USA seit geraumer Zeit. In mindestens drei US-Bundesstaaten (Kansas, Georgia und Florida) darf die Evolutionslehre an staatlichen Schulen bereits offiziell in Frage gestellt werden.

Kritik für den "offensichtlichen Versuch"

Doch in dieser Woche nun haben die christlich berufenen Evolutionsgegner eine strategische Niederlage erlitten. Ein von US-Präsident George W. Bush berufener Bundesrichter verbat einem Schulbezirk im US-Bundesstaat Pennsylvania, die Lehre vom "intelligenten Design" als Alternative zur Evolutionslehre von Charles Darwin im Schulunterricht einzuführen. Mehr noch, er kritisierte die Schulbehörde für ihren "offensichtlichen Versuch", eine wissenschaftlich begründete Theorie durch "Religion" zu ersetzen.

In seiner 139 Seiten langen Urteilsbegründung, die in Teilen einer grundsätzlichen Abrechnung mit der "Intelligent-Design"-Lehre gleichkommt, brandmarkt der Richter den Versuch der Schulbehörde, den Kindern eine christlich-fundamentalistische Weltsicht aufzuzwingen, die die in der US-Verfassung niedergelegte Trennung von Staat und Kirche ad absurdum führe.

Zurück ins 15. Jahrhundert?

Für die Darwin-Gegner ist das starker Tobak, und nicht umsonst sprachen ihre Protagonisten denn auch von einem "haarsträubenden Urteil". Vertreter liberaler Bürgerrechtsorganisationen in den USA zeigten sich dagegen zufrieden. Mit Genugtuung registrierten sie, dass der Richter dem Versuch zuvor gekommen sei, Schulkinder "in die Zwangsjacken des 15. Jahrhunderts" zurück zu befördern.

Die Anhänger der Theorie vom "intelligenten Design" gehen davon aus, dass bestimmte Aspekte menschlichen Lebens so komplex seien, dass sie unmöglich ohne das Zutun einer übernatürlichen Instanz zustande gekommen sein könnten. In Wirklichkeit aber verbirgt sich dahinter eine alttestamentarische Weltsicht, die davon ausgeht, dass die Erde in den Fluten der Arche Noah entstanden und nicht älter als 6000 Jahre sei.

Notdürftig kaschierter Versuch

Dies zur Grundlage des Biogierunterrichts zu machen, hatte jedoch der Supreme Court, das oberste US-Gericht, bereits in einer Grundsatzentscheidung im Jahre 1987 verhindert. "Intelligent Design" ist nun der notdürftig kaschierte Versuch der christlichen Fundamentalisten, die Lehre von der göttlichen Erschaffung der Erde über die Hintertür doch noch im Schulunterricht zu verankern.

In Dover, Pennsylvania, hatten ein paar beherzte Eltern das Gericht angerufen. Und in einem Akt der demokratischen Selbstkontrolle acht von neun Mitgliedern der Schulbehörde im November abgewählt. Dass ein republikanischer, noch dazu von Präsident Bush ernannter Richter den Eltern nun zu Hilfe kam, gilt vielen als Überraschung. Der Kulturkampf in den USA hat eine interessante Wende genommen. Doch die nächste Runde folgt bestimmt.