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Südosteuropa umwirbt deutsche Investoren

17. Juni 2011

"Grenzen überwinden. Zusammenarbeit stärken" - so lautete der Titel einer Wirtschaftskonferenz in Berlin über Südosteuropa. Das Ziel: deutsche Investoren für die Region zu interessieren.

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Mehr davon? Werk des Handy-Herstellers Nokia in Jucu, RumänienBild: AP

Südosteuropa ist ein komplexes wirtschaftliches Gebilde, und die Länder der Region sind nicht einfach "über einen Kamm zu scheren", wie in der Diskussion der Konferenz gesagt wurde. Ganz grob kann man die Länder in zwei Gruppen teilen. Einerseits der westliche Balkan, wo man auf die EU-Mitgliedschaft hofft - Kroatien, Mazedonien, Montenegro, außerdem Bosnien-Herzegowina, Serbien und Albanien. Und andererseits die Länder, die seit 2007 EU-Mitglieder sind, die aber wegen ihrer Probleme von der englischen Zeitschrift "The Economist" als "imperfect EU-members" bezeichnet wurden: Bulgarien und Rumänien.

Zeit für Projekte

Karte Europa MSOE
Eine Region sucht InvestorenBild: DW

Wenn es um die westlichen Balkanländer geht, habe die deutsche Industrie zu lang nur über Potenziale gesprochen. Jetzt müssten konkrete Projekte umgesetzt werden, so der Leiter des Ost-Ausschusses der deutschen Industrie, Reiner Lindner. Vorausgesetzt, die Länder in der Region bemühten sich auch nach der erreichten politischen Stabilität, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die ausländischen Investitionen zu verbessern.

"Wir brauchen Verbesserungen beim Landerwerb", so Lindner. "Wir müssen in der Lage sein, Land zu erwerben und langfristig zu besitzen, damit wir eine Art Gegenwert haben." Darüber hinaus fordert Lindner Investitionsgarantien, außerdem mangele es an Gerichten, die auch Prozesse möglich machen, sollte es zu Schadensfällen oder Konflikten zwischen Geschäftspartnern kommen. "Beim Thema Korruption gilt es nachzuarbeiten. Das ist ein schwieriges Thema in all den Ländern", so Lindner.

Aus Fehlern lernen

Bulgarien Karikatur von Anatoliy Stankulov Bulgarien und EU
Die Beziehungen zwischen Bulgarien und EU sind auch nach dem Beitritt 2007 nicht einfach. (Grafik: A. Stankulov)Bild: Anatoliy Stankulov

Unter der Korruption leiden die Länder westlichen Balkanländer ebenso wie die EU-Mitglieder Bulgarien und Rumänien. Beide werden schon seit Jahren von der EU-Kommission wegen der chronischen Korruption und des unzureichenden Kampfes gegen die organisierte Kriminalität ermahnt. Anfang Juni verwehrten die Innenminister der EU beiden Ländern die Aufnahme in den grenzfreien Raum der Schengenstaaten.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Fähigkeit, EU-Fördermittel abzurufen. So hat beispielsweise Rumänien von 2007 bis 2011 nur elf Prozent der dem Land zustehenden EU-Mitteln verwendet. Diese Fähigkeit ist aber dringend notwendig für die erfolgreiche Umsetzung der Projekte mit ausländischen Investoren.

Doch Gesetze nur zu verändern und sie den EU-Standards anzupassen, würde bei weitem nicht ausreichen. Die Gesetze müssten auch umgesetzt werden, sagt Marco Walde, Leiter der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer. Walde spricht aus eigener Erfahrung: "In Rumänien und in Bulgarien haben wir gesehen: Der 1.1. 2007 ist gekommen, sie haben lange darauf hin gearbeitet, sie sind der EU beigetreten und danach hat jeder den Löffel aus der Hand gelegt und gedacht, die Arbeit sei getan. Dieser Zustand hält leider in ganz vielen Bereichen noch an."

Dies bedeute aber nicht, dass die Schwierigkeiten der Rumänen und Bulgaren deutsche Investoren abschreckten, meint Linder. Es gehe vor allem um ein Signal an neue EU-Kandidaten: "Lieber erst die Wirtschaft zu stabilisieren, um nicht diese Probleme zu haben, die Rumänien und Bulgarien jetzt haben", so Lindner. Sie sollten lieber noch ein Jahr warten, aber dafür die Bedingungen erfüllen, meint Lindner.

EU-Beitrittsperspektive birgt Millioneninvestitionen

Symbolbild Rumänien EU
Rumänien musste 2009 mit einem Kredit in Höhe von 20 Milliarden Euro stabilisiert werden.Bild: picture-alliance/ dpa / DW Montage

Trotz der Schwächen haben die deutschen Investoren Gründe genug, in den Balkan-Ländern zu investieren. Von den Vertretern der deutschen Firmen wurden viele Beispiele genannt. Bulgarien und Rumänien sind ein gutes Terrain für die Entwicklung der Computer- und Kommunikationstechnik, aber auch für Dienstleistungen.

Grosse Chancen für Investitionen gibt es auch in den Ländern des westlichen Balkans: "Mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt muss da einiges gemacht im ganzen Bereich Wasser- und Abwasserversorgung oder Müllentsorgung. Das sind mögliche Millioneninvestitionen für deutsche Unternehmen, die auf diesem Gebiet sehr stark sind", sagt Michael Pfeiffer, Geschäftsführer der deutschen Gesellschaft für Außenwirtschaft. Für solche Vorhaben stünden auch Finanzmittel aus EU-Töpfen zur Verfügung.

Noch eine generelle Empfehlung kam seitens der deutschen Unternehmer: Bei ihrer Wirtschaftsentwicklung sollten sich die Balkan-Länder auf bestimmte Bereiche konzentrieren, in denen sie konkurrenzfähiger sein könnten als ihre europäischen Mitbewerber. Dabei würden schon zwei oder drei zukunftsorientierte Branchen reichen. Damit man sich bemerkbar macht, sollten diese aber auch stärker im Ausland repräsentiert werden, hieß es.

Autorin: Marinela Liptcheva-Weiss
Redaktion: Andreas Becker