"Samstagsmütter" werfen Merkel Heuchelei vor
29. September 2018In den sozialen Netzwerken kursierten Videos, auf denen zu sehen war, wie türkische Sicherheitskräfte eine kleine Gruppe von Demonstranten umringten und Journalisten zurückdrängten. Auf der großen Istiklal-Einkaufsstraße fuhren Polizeipanzer auf. Dort haben die Samstagsmütter, darunter viele Seniorinnen, und ihre Unterstützer bis Ende August mehr als 700 Wochen ungestört demonstriert und Gerechtigkeit für verschwundene Verwandte gefordert.
Anlässlich des Staatsbesuchs von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland richtete die Gruppe auf Twitter eine Botschaft an Erdogan und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Während die beiden in Berlin gemeinsam frühstückten, habe man ihnen Gewalt angetan. "Wir protestieren gegen die heuchlerische Politik von Merkel und Erdogan", so die Frauen. Sowohl Merkel als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatten am Freitag in Begegnungen mit Erdogan Menschenrechtsverletzungen in der Türkei kritisiert.
Samstagsmütter demonstrieren seit 1995
Die Samstagsmütter kamen seit 1995 bis Ende August jeden Samstag auf den Galatasaray-Platz auf der Istiklal-Straße. Sie wollten auf das Schicksal von Menschen aufmerksam machen, die in den 1980er und 90er Jahren verschwunden sind oder verschleppt worden sein sollen. Diese kommen vor allem aus den kurdischen Gebieten im Südosten der Türkei.
Ende August hatte die Polizei die Samstagsveranstaltung zum ersten Mal aufgelöst und dabei Tränengas und Plastikgeschosse auf die Teilnehmer gefeuert. Innenminister Süleyman Soylu rechtfertigte das international scharf kritisierte Vorgehen mit dem Argument, dass die Mütter von "der Terrororganisation" ausgenutzt würden. Gemeint ist die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation gilt.
hk/rb (dpa)