Trinkwasser Entwicklungsländer
18. August 2011Verschmutztes Trinkwasser ist Ursache für zahlreiche Krankheiten wie Durchfall, Cholera, Typhus und Hepatitis. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks UNICEF sterben deshalb weltweit rund 5.000 Kinder pro Tag, das sind über 1,5 Millionen pro Jahr. Hier Abhilfe zu schaffen und ein System für die autarke Trinkwasseraufbereitung zu entwickeln, diese Aufgabe stellte sich vor gut 10 Jahren Forscher und Studenten vom Lehrstuhl für Rationelle Energienutzung an der Universität Kassel.
Herausgekommen ist nach jahrelanger Entwicklung eine innovative Anlage, die den Praxistest in Entwicklungsländern bestanden hat und nun von der Kasseler Firma Autarcon weltweit vertrieben wird. Auf der internationalen Solarmesse in München bekam die Firma für ihr Produkt, das sogenannte SuMeWa (Sun Meets Water) den diesjährigen Intersolar Award verliehen.
Einfache Anlagentechnik für den Massenmarkt
Ausgezeichnet wurde die Anlage auch, weil die Firma Autarcon nach Ansicht der internationalen Jury ein System entwickelt hat, das sich für den Massenmarkt eignet. Millionen Menschen in abgelegenen, strukturarmen Regionen könnten mit dieser Technik sauberes Trinkwasser bekommen.
Die energieautarke Wasseraufbereitungsanlage besteht aus einem Solarmodul, das die Pumpe mit Strom versorgt und Brunnen- oder Oberflächenwasser aus bis zu 70 Metern Tiefe fördert. Anschließend wird das Wasser gefiltert, und mit Hilfe von Elektrolyse wird Chlor aus dem im Wasser gelösten Salz gewonnen. Dieses Chlor desinfiziert das Wasser, auch langfristig.
Nach Angabe von Umweltingenieur Philipp Otter, Projektkoordinator bei Autarcon, ist dies auch der besondere Clou des Systems. Chemikalien, die sonst zugesetzt werden müssten, um das Wasser vor Neuverkeimung zu schützen, braucht dieses Trinkwassersystem nicht. Und auch die Wartung ist äußerst einfach. Zahnbürste und Zitronensaft reichen für die Reinigung von Filter und Elektrolysezelle aus, besonders ausgebildetes Fachpersonal ist für den Betrieb der Anlage nicht nötig.
Ideal für Entwicklungsländer
Bis zu 4.000 Liter sauberes Trinkwasser liefert SuMeWa pro Tag. Werden noch weitere Solarmodule angeschossen, ist sogar die Versorgung eines kleinen Dorfes mit sauberem Trinkwasser möglich. Installiert wurde die autarke Trinkwasseraufbereitung bisher in Brasilien, Pakistan und Gambia.
Kostengünstiges, keimfreies Trinkwasser
10.000 bis 11.000 Euro kostet derzeit das Trinkwasseraufbereitungssystem, das vor allem aus gängigen Komponenten in deutscher Handarbeit zusammengebaut wird. Energiekosten fallen bei der Anlage nicht an, und in der Regel ist auch keine Wartung nötig. Die Hauptkosten sind Investitionskosten. Werden diese auf den Wasserpreis in den ersten 5 Jahren umgelegt, so kostet ein Liter Wasser umgerechnet unter 0,2 Eurocent. Und nach einer 5 jährigen Abschreibungsphase fließt das saubere Trinkwasser dann faktisch kostenfrei.
Vorteil gegenüber anderen Systemen
Die bisher existierenden Systeme zur Trinkwasseraufbereitung desinfizieren mit Filtern und UV-Licht, und mit Hilfe von Chlor als Chemikalienzusatz wird eine Wiederverkeimung des aufbereiteten Wassers verhindert. In vielen abgelegenen Gebieten der Welt wird Wasser bislang vor allem durch Abkochen desinfiziert. Keine dieser Methoden ist allerdings optimal. Entweder sind sie nicht sehr effektiv oder verursachen hohe Energie- und damit Betriebskosten. Dank langfristig niedrigem finanziellen Aufwand und der eigenen Chlorproduktion hat damit das SaMeWa gegenüber den bisherigen Systemen viele Vorteile und wird so zu einer Alternative.
Markt für Millionen
Autarcon Geschäftsführer Alexander Goldmaier sieht optimistisch in die Zukunft. Derzeit führt er Gespräche mit einem indischen Unternehmen, das den Vertrieb in dem südasiatischen Land übernehmen will. Angst davor, dass das Autarcon-System bald von anderen Unternehmen nachgebaut werde könnte, hat Goldmaier nicht. Zwar besteht das SuMeMa aus vielen gängigen Komponenten, wie Solarmodul, Pumpe, Filter und Katalysator, doch das von Autarcon entwickelte Modul zur Steuerung und Chlorkontrolle, ist bisher einmalig und wird derzeit patentiert.
Vorerst setzt das kleine 4-Personen-Unternehmen vor allem auf den Ausbau des weltweiten Vertriebs und die Produktion in größeren Stückzahlen, und mit einer Massenproduktion könnten auch die Anlagenpreise erheblich sinken. Als Kunden hat Goldmaier neben Nichtregierungsorganisationen und touristischen Unternehmen in abgelegenen Gebieten, tausende von kleinen Dörfern ohne sauberes Trinkwasser im Blick und damit mehrere 100 Millionen Menschen. Würden sie mit sauberem Trinkwasser versorgt, könnten viele Menschenleben gerettet werden und nicht nur für Autarcon hätte sich ein großer Traum erfüllt.
Autor: Gero Rueter
Redaktion: Gudrun Heise