Saudi-Arabien droht mit Eskalation
14. Oktober 2018Saudi-Arabien ist im Fall Jamal Khashoggi in die Defensive geraten, nun holt es zum Gegenschlag aus: Jede Handlung gegen das Land werde "mit einer größeren Handlung" beantwortet, zitierte die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa aus Regierungskreisen. "Die saudi-arabische Wirtschaft spielt eine wichtige und einflussreiche Rolle für die Weltwirtschaft", hieß es. Aus der Mitteilung ging zwar nicht hervor, an wen sie adressiert war - Stunden zuvor hatte US-Präsident Donald Trump Riad jedoch mit "schwerer Bestrafung" für das Verschwinden des Journalisten Khashoggi gedroht. Sollte Trump also Riad verantwortlich machen, würde das Königreich mit Wirtschaftssanktionen antworten.
Ohne Drohungen, aber mit dennoch deutlichen Worten forderten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens Aufklärung von Saudi-Arabien: "Es bedarf glaubhafter Ermittlungen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen und gegebenenfalls jene zu identifizieren, die für das Verschwinden von Jamal Khashoggi verantwortlich sind, sowie zu gewährleisten, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die den saudischen Behörden übermittelt wurde.
Saudische Aktien sacken ab
Unterdessen verlor der wichtigste Index der Börse in Riad, der Tadawul All-Shares Index (TASI), gut sieben Prozent an Wert. In den ersten Stunden der neuen Handelswoche, die im muslimischen Saudi-Arabien bereits am Sonntag beginnt, büßte der Index mehr als 500 Punkte ein und verlor so sämtliche Zugewinne seit Anfang des Jahres. Zwischenzeitlich standen 182 der 186 gehandelten Aktien im Minus. Bereits am Donnerstag hatte der TASI um drei Prozent nachgegeben, als die Attacken von Präsident Trump auf die US-Zentralbank FED Kursverluste in der ganzen Welt auslösten.
Auch hinter den aktuellen Verlusten sehen Analysten den US-Präsidenten. Mohammed Zidan, der sich in Dubai mit den Märkten der arabischen Halbinsel beschäftigt, sagte der AFP: "Es gab eine Unsicherheit rund um die Umstände des Verschwindens von Khashoggi, die Kursfälle auf den Märkten auslösten."
Trump droht Saudis wegen Khashoggi
Der regierungskritische saudische Journalist war verschwunden, nachdem er Anfang Oktober das saudische Konsulat in Istanbul betreten hatte. Die türkische Regierung veröffentlicht seitdem immer wieder Indizien, die Saudi-Arabien in Bedrängnis bringen, weil sie nahelegen, ein saudisches Mordkommando könnte den unbequemen Journalisten im Konsulat gefoltert und ermordet haben. Zuletzt hieß es, es gebe Audio- und möglicherweise auch Videoaufnahmen, die bewiesen, dass Khashoggi im Konsulat gefoltert worden sei.
Trump, der bislang gute Beziehungen zu Saudi-Arabien unterhielt, hatte in einem Interview Riad mit ernsten Konsequenzen gedroht. "Wenn es stimmt, dann ist das wirklich schrecklich und abscheulich, also müssen wir schauen", sagte Trump in einem Interview. "Wir werden der Sache auf den Grund gehen und harte Strafen verhängen."
Trump schließt trotz der saudischen Unschuldsbeteuerungen eine Täterschaft nicht aus. Er hat angekündigt, die Familie Khashoggis zu treffen. Bislang zeigte er noch keine Bereitschaft, bei seiner ersten Auslandsreise geschlossene Waffendeals mit Saudi-Arabien platzen zu lassen: Der Verkauf sei ein "großartiger Auftrag für unsere Firmen", und wenn das Königreich seine Waffen nicht in den USA kaufe, dann würde es sie woanders kaufen.
Gefahr für saudi-arabische Wirtschaft
Die schweren Vorwürfe gegen Saudi-Arabien gefährden zunehmend die Wirtschaftspolitik des Kronprinzen Mohammed bin Salman, der das Königreich als attraktives Ziel für ausländische Investitionen anpreist. Mehr und mehr Sponsoren und Medienpartner eines für Ende Oktober geplanten Wirtschaftsgipfels gehen auf Distanz. Auch der Chef des Fahrdienst-Vermittlers Uber, Dara Khosrowshahi sagte seine Teilnahme an den Treffen vorläufig ab - obwohl der saudische Staatsfonds sein Unternehmen mit finanziert. US-Finanzminister Steven Mnuchin sagt hingegen, er habe seine Pläne "bisher" nicht geändert, ähnlich äußerte sich IWF-Chefin Christine Lagarde. Auch Siemens-Chef Joe Kaeser will nach wie vor nach Saudi-Arabien reisen, der Konzern beobachte die Situation genau.
ehl/fab/qu (rtr, ap, afp, dpa)