Im Fadenkreuz der US-Kritik
28. Juli 2007Bis heute werfen die USA vor allem der Führung in Teheran vor, bewaffnete Gruppierungen im Irak zu unterstützen, die auch gegen die USA kämpften. Beweise für diese Anschuldigungen konnten sie dem Iran bislang allerdings nicht vorlegen.
Dagegen gibt es offenbar Beweise dafür, dass ein bisheriger enger Verbündeter der Vereinigten Staaten tief in die tägliche Gewalt im Irak verstrickt ist: Saudi-Arabien. 40 Prozent der Selbstmordanschläge im Irak gingen auf das Konto saudischer Freiwilliger, erklärten amerikanische Sicherheitskreise gegenüber der "New York Times". Unter den fremden Kämpfern im Irak machten die Saudis gar die überwiegende Mehrheit aus. Das arabische Königreich rückt damit erneut ins Fadenkreuz amerikanischer Kritik. Es wäre dies nicht das erste Mal.
Hätten die USA besser Saudi-Arabien erobert?
Nach dem 11. September 2001 kam es zum ersten Tief in den gegenseitigen Beziehungen. Ein Großteil - fünfzehn von neun - der Attentäter stammte aus Saudi-Arabien. Auch Osama Bin Laden ist gebürtiger Saudi, und ein Zweig seiner Familie stand in engen Geschäftsbeziehungen mit regierungsnahen Kreisen in den USA. Saudis gerieten daraufhin in den USA unter Generalverdacht. Tief gekränkt und verärgert zogen nicht wenige von ihnen daraufhin ihre Rücklagen aus den USA ab und begannen, sich nach neuen Partnern umzusehen.
Aus dieser Atmosphäre heraus und in Zeiten wachsender Kriegs-Vorbereitungen gegen den Irak sorgte am 10. Juli 2002 der Vortrag eines Forschers der "Rand-Corporation", Laurent Murawiec, für Aufsehen: Der eigentliche Feind sei Saudi-Arabien, hieß es da. Zwar werde immer die traditionelle Freundschaft zwischen Washington und Riad betont, in Wirklichkeit aber gehöre Saudi-Arabien zu den wichtigsten Unterstützern des internationalen Terrorismus. Die USA sollten besser Saudi-Arabien erobern und das Königshaus entmachten. Da das aber zu Versorgungsengpässen auf dem Energiebereich führen werde, sei es sinnvoll, zunächst den Irak zu "befreien", um auf dessen Erdölreserven zurückgreifen zu können.
Imagepflege nur halbwegs erfolgreich
Offizielle Stellen in Washington dementierten zwar, in Riad aber verstand man die Signale. Und man versuchte gezielt, das Image aufzupolieren: Saudi-Arabien wurde als einer der Vorkämpfer gegen den Terrorismus präsentiert, und erste zaghafte Versuche von Wahlen sollten auch den Schein eines Bemühens um mehr Demokratie erwecken. Was man in Riad natürlich nicht ungeschehen machen konnte: Saudi-Arabien war jahrelang treibende Kraft hinter den Taliban gewesen und steckte auch hinter deren Koranschulen ("Madrasas") in Pakistan.
Mit der terroristischen Eskalation in Folge der US-Invasion im Irak hat sich das saudische Augenmerk verstärkt dem Zweistromland zugewandt. Man trauert Saddam Hussein zwar keine Träne nach, ist aber doch irritiert von der Aussicht, dass der Irak ein überwiegend schiitischer Staat mit starkem iranischen Einfluss werden könnte. Allen offiziellen Freundlichkeiten - etwa gegenüber Irans Präsident Ahmadinedschad - zum Trotz, fürchtet Riad eine Stärkung des Iran, der schiitischen Nachbarn und schließlich Unruhen in den schiitischen Ost-Provinzen des Königreiches. Und so wurde es für militante Kreise in Saudi-Arabien schon bald attraktiv, in den Irak zu ziehen, um dort gegen den wachsenden schiitischen Einfluss und die amerikanischen Besatzer zu kämpfen.
Ermunterung zum Terror?
Offiziell wird das von Riad natürlich nicht gefördert. Aber man tut offenbar auch nicht genug dagegen, und offizielle Stellungnahmen könnten durchaus als indirekte Ermunterung verstanden werden: So sprach König Abdullah beim Besuch von US-Vizepräsident Dick Cheney von der "illegalen Besatzung" der USA im Irak. Ein andermal warnte er, Saudi-Arabien werde die irakischen Sunniten offen unterstützen, wenn sie von Schiiten und USA weiter in die Enge getrieben würden. Und Kontakte mit dem irakischen Premier Maliki lehnt Riad ab, weil es diesen als "Instrument des Iran" betrachtet.
Fünf Jahre nach den ersten öffentlichen Warnungen vor der Zuverlässigkeit der saudischen Partnerschaft scheint diese nun erneut in den USA in die Kritik zu geraten. Aber im Gegensatz zu 2002 bietet sich Washington noch nicht einmal theoretisch eine Alternative zu diesem Öllieferanten an.