Schützenhilfe für usbekischen Diktator?
26. März 2010Hat Deutschland gegen ein EU-Waffenembargo verstoßen? Das fragt die "tageszeitung" in ihrer Donnerstagsausgabe. Es geht um die militärische Zusammenarbeit Deutschlands mit Usbekistan, genauer, um die Ausbildung usbekischer Offiziere bei der Bundeswehr. Von 2005 bis 2009 hatte die Europäische Union ein Waffenembargo gegen das zentralasiatische Land verhängt, weil Soldaten und Polizisten in der Stadt Andischan im Osten des Landes auf Demonstranten geschossen hatten. 500 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein, schätzen Menschenrechtsorganisationen.
Galt das Embargo auch für Ausbildung?
Trotzdem wurden seit 2005 in Deutschland 35 usbekische Militärs an der Führungsakademie der Bundeswehr ausgebildet, bestätigt das Verteidigungsministerium. Bereits seit Mitte der 90er Jahre leistet Deutschland militärische Ausbildungshilfe für Usbekistan. Auch nach dem Embargo ging das Programm weiter. "Wir gehen davon aus, dass die allgemeine militärische Ausbildungshilfe nicht von der EU-Verordnung erfasst wird", erklärt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Der Grünen-Politiker Winfried Nachtwei, bis September 2009 Mitglied des Verteidigungsausschusses im Bundestag, erkennt dagegen einen "eindeutigen Bruch" des Embargos, weil die usbekischen Gäste möglicherweise auch an Waffen geschult wurden, deren Export nach Usbekistan verboten ist. Die EU-Verordnung verbietet aber, "technische Hilfe bereitzustellen", wenn diese in Zusammenhang mit solchen Gütern steht. Darunter fällt explizit auch "Anleitung, Beratung und Ausbildung". Für die Bundeswehr kein Problem: Man habe "allgemeine militärische Ausbildungshilfe" geleistet, so der Sprecher des Verteidigungsministeriums – und keine spezielle technische Schulung.
Die militärische Ausbildungshilfe existiert seit den 60er Jahren und hat zum erklärten Ziel, den Führungskräften ausländischer Armeen die Idee eines demokratischen Militärs nahezubringen. Immer wieder steht diese Hilfe aber in der Kritik, weil sich die Soldaten dann eben doch nicht demokratisch verhalten. In Guinea putschten sich 2008 Generäle an die Macht, die von der Bundeswehr ausgebildet wurden. Markenzeichen des Militärmachthabers Moussa Dadis Camara war ein Barett der deutschen Fallschirmjäger. Inzwischen hat ein neuer Putsch ihn wieder aus dem Amt gefegt. Die Bundeswehr hat ihre Zusammenarbeit mit Guinea im Herbst 2009 eingestellt.
"Deutschland unterminiert die Glaubwürdigkeit der EU"
Zu Usbekistan unterhält Deutschland besonders enge Beziehungen. Die Bundeswehr betreibt im südusbekischen Termes einen Stützpunkt. Deutschland braucht Usbekistan, um seinen Nachschub für den Afghanistaneinsatz zu organisieren. Außerdem stehen die Geheimdienste beider Länder in engem Kontakt bei der Bekämpfung des Islamismus. Dass die EU das Waffenembargo gegen Usbekistan Ende 2009 schließlich aufgehoben hat, ist wohl vor allem dem Druck Deutschlands zu verdanken. "Meines Erachtens unterminiert Deutschland die Glaubwürdigkeit der EU", sagt Andreas Heinemann-Grüder vom Bonner Konversionsinstitut BICC. "Die Kriterien für die Aufhebung, nämlich die Aufklärung des Massakers von Andischan, sind nie erfüllt worden."
Die Ausbildungshilfe dagegen hält er "nicht per se für anrüchig". "Unterm Strich trägt sie durchaus dazu bei, dass gewisse westliche Standards vermittelt werden." Viel problematischer ist für ihn die Zusammenarbeit auf der Geheimdienstebene. Was dort wirklich geschehe, sei unklar. Das Verteidigungsministerium glaubt jedenfalls nicht, dass die Bundeswehr Wissen vermittelt, das besonders dazu geeingnet ist, Spezialkräfte für die politische Repression zu qualifizieren. "Sie können sicher sein, dass wir hier niemanden zu usbekischen Kommandosoldaten ausbilden."
Dennoch weiß natürlich auch die Bundeswehr, dass sie kaum Einfluss darauf nehmen kann, was ihre Zöglinge hinterher mit ihrem Wissen anstellen. Rund 15.000 Militärs aus verschiedenen Ländern haben seit den sechziger Jahren an den Ausbildungsprogrammen der Bundeswehr teilgenommen. "Sie können nie ausschließen, dass darunter schwarze Schafe sind", heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Silke Ballweg