Schlag den Platon!
27. Juni 2013Der Saal ist voll, als Richard David Precht die Bühne betritt. Der deutsche Philosoph und Populärwissenschaftler bespricht an diesem Abend: "Was ist Philosophie?" In der Philosophie ginge es um verstehen und vernetzen. Vor allem sei es aber die Frage nach dem richtigen Leben, so der 48-Jährige. Der talkshowerprobte Denker versucht die Definition so zu erläutern, dass es nicht zu kompliziert wird.
Streckenweise trägt Prechts Vortrag kabarettistische Züge, beispielsweise wenn er milde lächelnd über den idealen Hochzeittag und die generellen Unterschiede zwischen Mann und Frau spricht. Doch genau das liegt im Sinne des "phil.Cologne", dem ersten Festival für Philosophie in Deutschland. Neben Precht lassen sich einige prominente Philosophen dort blicken, darunter Ariadne von Schirach, Wolfgang Welsch oder Hartmut Rosa.
Philosophie für jedermann
Precht erklärt essenzielle Themen in einfachen Worten. Das kommt im Publikum gut an und es ist eine große Kunst, die so nur wenige in Deutschland beherrschen, findet Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des 'Philosophie Magazin'. "Ich würde sagen, es ist ganz großartig, dass es überhaupt jemand schafft, den Elfenbeinturm zu öffnen für die breite Bevölkerung und tatsächlich diese Gedanken auch zugänglich zu machen."
Glaube versus Verstand
Den Veranstaltern zufolge hat das Interesse an der Philosophie, der Liebe zur Weisheit, in den letzten Jahren stetig zugenommen. "phil.Cologne - die Suche hat begonnen" - mit diesen fast magisch anmutenden Worten wird das fünftägige "Festival des Denkens" beworben. Und wonach wird gesucht? "Nach der Weisheit natürlich oder vielmehr der Annäherung an die Weisheit", sagt Mitveranstalter Rainer Osnowski. "Die Philosophie dient inzwischen aber auch der Annäherung an unsere komplexe Zeit. Wer sich dem modernen Leben stellen will, besucht philosophische Wochenendseminare mit Titeln wie 'Kreatives Denken lernen' oder 'In welcher Welt wollen wir leben?'"
Oft geht es um Fragen, die in früheren Zeiten unter anderem von der Religion beantwortet wurden. Aber die reiche als Lebenshilfe vielen heute nicht mehr, meint Svenja Flaßpöhler: "Wir wollen andere Antworten haben, wir wollen, wie Kant es sagte, uns von unserem Verstand leiten lassen und nicht vom Glauben. Insofern denke ich schon, dass die große Herausforderung auch ist, diesen Sprung zu wagen, diesen Sprung von der Religion in die Philosophie."
Grübeln im Trend
Philosophie soll zum Denken anregen und Menschen dazu bewegen, über komplexe Fragestellungen zu grübeln. Und weil der Mensch nicht gern alleine grübelt, trifft man sich zu philosophischen Teepartys, kauft philosophische Ratgeber oder besucht eben Events wie das phil.Cologne, wo Philosophie für den Alltag erklärt wird. "Diese philosophischen Fragen berühren ja unser Alltagsleben. Die Zukunft der Menschheit, unsere Moralvorstellungen, Sterbehilfe - wie gehen wir mit diesen Themen um, welche moralischen Hintergründe gibt es dabei, welche Gedankengänge können wir in Gang setzen?", sagt Rainer Osnowski.
Sokrates Reloaded
Das phil.Cologne will die breite Masse ansprechen, sie zum Nachdenken bringen. So finden sich dort Veranstaltungen mit ausgefallenen Titeln wie "God is a DJ, nur Musik heilt meine Wunden" oder "Let it be - von der Schönheit des Nichtstuns". Es diskutieren Philosophen mit Künstlern, Soziologen, Politikern. Und ein Philosophie-Slam namens "Schlag den Platon!" darf natürlich auch nicht fehlen.
Manch einer könnte sich fragen: Verkommt die Philosophie nun zum Blockbuster? Nein, keineswegs, meint Svenja Flaßpöhler vom Philosophie Magazin. "Die Philosophie erhält nur langsam den Platz zurück, den sie jahrhundertelang innehatte. Das wird ja schon wunderbar daran deutlich, dass Sokrates auf den Markt gegangen ist, um mit den Menschen zu philosophieren, also sich wirklich zu öffnen, für alles neugierig zu sein und die Fragen der Menschen ernst zu nehmen."
Festival der Erkenntnisse
Das phil.Cologne wird vom 26. bis 30. Juni 2013 in Räumlichkeiten quer durch Köln stattfinden. Rund 40 Veranstaltungen richten sich an die erwachsenen Besucher, sieben Veranstaltungen mit Fragen wie "Warum heißt der Fisch nicht Pusteblume?" richten sich an die kleinen Denker. In der heute so komplexen Gesellschaft stellen sich mehr Fragen denn je. Wie viele Besucher im Laufe des Festivals "Heureka!" ausrufen werden, wird sich zeigen.