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Schlammschlacht bei der NPD

Arnd Riekmann29. Dezember 2013

Die Bundesländer haben vor Kurzem einen neuen Versuch gestartet, die NPD verbieten zu lassen. Doch jetzt scheint die rechtsextreme Partei gerade dabei zu sein, sich selbst zu zerlegen. Ist ein Verbot noch sinnvoll?

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NPD Demonstration Flagge
Bild: picture-alliance/dpa

Der Geldhahn ist fast zu, der Vorsitzende wirft hin und über allem schwebt das Verbotsverfahren. Die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) befindet sich in einer Existenzkrise, fasst Alexander Häusler die Lage der rechtsextremistischen Partei zusammen. "Das Jahr 2013 war kein gutes Jahr für die NPD", sagt der Rechtspopulismusforscher am Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus und Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf.

Die Partei steht am Rand des finanziellen Ruins, da die bisherige staatliche Unterstützung höchstrichterlich gestoppt wurde. Wie allen Parteien in Deutschland, die eine Mindestzahl von Stimmen bei Wahlen bekommen haben, steht zwar auch der NPD eine staatliche Förderung zu. Doch wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts muss die Partei eine Strafe in Höhe von 1,27 Millionen Eurozahlen, die jetzt mit der laufenden Förderung verrechnet wird. Dazu kommt, dass auch der Erfolg beim Wähler zuletzt eher dürftig war. Auf lediglich 1,3 Prozent der Stimmen kam die NPD bei der letzten Bundestagwahl am 22. September.

Rechtspopulismusforscher Alexander Häusler - Foto: Häusler (dpa)
Rechtspopulismusforscher Häusler: "Fassade scheinbarer Seriosität"Bild: picture-alliance/dpa

Austritt vor Rauswurf

Jetzt findet innerhalb der NPD ein Ringen um Macht und Einfluss statt, bei dem es auch um persönliche Feindschaften geht. Im Zentrum: der bisherige NPD-Vorsitzende Holger Apfel. Er stand gut zwei Jahre lang an der Spitze der Partei. Mitte Dezember trat er angeblich wegen eines "Burn-outs" von diesem Posten zurück, um kurz darauf allerdings die NPD ganz zu verlassen. Vorwürfe waren laut geworden, Apfel habe im Bundestagswahlkampf einen männlichen Wahlkampfhelfer sexuell belästigt - aus Sicht der homophoben NPD der schlimmstmögliche Skandal. Möglicherweise ist der Ex-Vorsitzende durch seinen Parteiaustritt einem Rauswurf zuvorgekommen. Apfel sah sich, wie er es nennt, einer "persönlichen Hasskampagne" ausgesetzt. Ein Parteifreund soll ihm sogar einen Selbstmord nahegelegt haben.

Holger Apfel (NPD) - Foto: Kay Nietfeld (dpa)
Ex-NPD-Vorsitzender Apfel: "Persönlicher Hasskampagne ausgesetzt"Bild: picture-alliance/dpa

"Es findet eine interne Schlammschlacht statt. Dahinter steckt ein Machtkampf über die weitere Ausrichtung der Partei", sagt Rechtspopulismusforscher Alexander Häusler. Holger Apfel wollte die Partei mit einem "seriösen Radikalismus" auf einen neuen Kurs in Richtung gesellschaftliche Mitte bringen samt vordergründig bürgerlichem Image. In der Öffentlichkeit sollte sich, nach Apfels Vorstellungen, die NPD nicht mehr offen neonazistisch darstellen.

Nachfolge noch offen

"Das hat Apfel intern viele Feinde gemacht", sagt Alexander Häusler, "weil die NPD zum großen Teil aus verurteilten Gewalttätern besteht, die eindeutig nationalsozialistische Ideologien vertreten und die in diesem Weg eine Art Verrat der parteilichen Orientierung sehen." Ähnlich die Einschätzung des Politologen und Rechtsextremismus-Experten Wolfgang Gessenharter: "Mir scheint, dass es vor allem Mitglieder aus dem Vorstand sind, wie zum Beispiel Udo Pastörs und andere, die diese 'Weichspüle' der NPD so nicht goutieren."

NPD Wahlplakat mit der Aufschrift "Geld für die Oma statt für Sinti und Roma" - Foto: Bodo Schackow (dpa)
NPD WahlplakatBild: picture-alliance/ZB

Udo Pastörs ist bislang Vize-Vorsitzender und außerdem der NPD-Fraktionsvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern. Er gilt als einer der Hardliner in der Partei und ist für seine öffentlichen Ausfälle berüchtigt. So wurde er 2009 wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er hatte türkische Bürger als "Samenkanonen" verunglimpft. Pastörs wird voraussichtlich die NPD bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden im kommenden Jahr führen. Wer das Amt danach übernimmt, sei aber noch offen, sagt Wolfgang Gessenharter. Möglicherweise werde Pastörs auch richtiger Vorsitzender.

Doch auch ein anderer altbekannter NPD-Funktionär scheint in den Startlöchern und damit vor einem Comeback zu stehen: Udo Voigt, der von 1996 bis 2011 an der NPD-Spitze stand und vor zwei Jahren von Holger Apfel aus diesem Amt gedrängt wurde. "Voigt hat es nie verwunden, dass er damals aus der Parteiführung herausbugsiert wurde", so die Einschätzung von Politologe Gessenharter. Dass er sich noch fit genug fühle, wieder die Führung zu übernehmen, das habe Voigt durch verschiedene Bemerkungen und Aktivitäten deutlich gemacht.

Neue Munition für das Verbotsverfahren

Udo Pastörs (NPD) Foto: Maurizio Gambarini (dpa)
NPD-Funktionär Pastörs: Bewährungsstrafe wegen VolksverhetzungBild: picture-alliance/dpa

Egal ob Pastörs oder Voigt den NPD-Vorsitz übernehmen: Klar scheint jedenfalls zu sein, dass sich Auftreten und Ausrichtung der Partei wieder ändern werden. "Alles deutet daraufhin, dass die NPD jetzt wieder die letzte Fassade scheinbarer Seriosität fallen lassen und sich eher wieder zu ihren offen neonationalsozialistischen Inhalten bekennen wird", befürchtet Alexander Häusler. Doch dies könne auch dazu führen, so der Düsseldorfer Rechtspopulismusforscher im DW-Interview,dass das von den Bundesländern angestoßene NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht neue Munition erhalten wird.

Häusler geht deshalb davon aus, dass der 2003 schon einmal gescheiterte Verbotsantrag diesmal Erfolg haben wird. Wolfgang Gessenharter hingegen bleibt skeptisch: Die Frage sei, ob das Bundesverfassungsgericht seine ganz klare Rechtsprechung, unbedingt die Meinungsfreiheit hochzuhalten, in irgendeiner Weise selbst eingrenzen möchte. "Da kann man noch den größten Unfug und auch Widerwärtiges sagen: Solange es auf der Meinungsebene bleibt, tut sich das Verfassungsgericht sehr schwer." Ein erneutes Scheitern des Verbots wäre jedenfalls "ein absolutes Schreckensbild."

Dass sich der Verbotsantrag erübrigen könnte, weil die angeschlagene NPD zuvor zusammengebrochen ist - davon geht Rechtspopulismusforscher Häusler nicht aus. "Im Laufe ihrer Entwicklung hat die Partei schon viele Krisen durchgemacht. Sie stand sehr oft am Rande des finanziellen Zusammenbruchs und hat Wählerstimmen verloren." Und dennoch habe sich die NPD in ihrer bald 50-jährigen Geschichte immer wieder neu erfunden und weitergemacht.