Schlemmer-Tour in Kuala Lumpur
10. Januar 2020Koala was? Das fragten nicht wenige meiner Bekannten, als ich erzählte, dass ich von Berlin nach Kuala Lumpur ziehe. Meine neuer Wohnort ist nicht nur im Namen exotisch, sondern auch auf dem Teller. Die Jalan Alor ist die "Fressmeile" der asiatischen Metropole, zu der mich meine neuen Arbeitskollegen am ersten Abend schleppen. Mit der Dunkelheit beginnt das rege Treiben. Es sind noch immer 30 Grad, es duftet nach Curry, Grillfleisch und anderen Leckereien. Die Masse schiebt uns von einem Stand zum nächsten. Es ist der Auftakt meines kulinarischen Abenteuers. Unser Tisch steht voll mit Seafood, Hühnerspießen und jeder Menge Reis. Ich entscheide mich für ein grünes Curry, das mir zusätzlich den Schweiß auf die Stirn treibt. Es ist scharf, aber lecker. Egal, ob thailändisch, chinesisch oder indisch - diese Straße im Stadtteil Bukit Bintang ist ein Querschnitt der Küche, die man hier an jeder Ecke findet. In Kuala Lumpur - oder kurz KL - wird ständig gegessen. Sechs kleine Mahlzeiten am Tag sind durchaus üblich.
Ein Stück China mitten in Kuala Lumpur
Einige Tage später erkunde ich die Stadt und mache mich auf nach Chinatown. Die Jalan Petaling war das Zentrum des ehemaligen chinesischen Geschäftsviertels. Heute gibt es hier neben gefälschten Uhren und Designerhandtaschen vor allem eins: das wohl beste chinesische Essen der Stadt. Rote Papierlaternen baumeln über der Straße. Es gibt etliche Garküchen unter freiem Himmel und kleine Restaurants. Gebratener Reis, Nudeln, Wan Tan und Fleischspieße soweit das Auge reicht. Ein chinesischer Arbeitskollege hat mir das Kim Lian Kee Restaurant empfohlen. Das gibt es bereits seit mehr als 100 Jahren, und die Nudeln dort sollen fantastisch sein. Ich bestelle mir eine Portion. Von dem klapperigen Tisch aus beobachte ich, wie ein alter Mann Gemüse in einem Wok schwenkt. Mitten in Kuala Lumpur fühle ich mich, als sei die chinesische Mauer gleich um die Ecke. Wenig später kommt mein Essen, frisch zubereitet und echt lecker.
Essen gut und günstig
Nur wenige Kilometer entfernt kann man in eine völlig andere kulinarische Welt eintauchen: Little India. In dem lebhaften Viertel Brickfields findet man neben bunten Textilläden und Schmuckgeschäften jede Menge kleine Restaurants, in denen Dhal, Curry und viele andere indische Gerichte auf Bananenblättern serviert werden. Zusammen mit einem Wassermelonen-Shake zahle ich umgerechnet 3,80 Euro.
Tempel des Genusses
Ich plane einen Ausflug zu den berühmten Petronas Towers. Ein einheimischer Nachbar gibt mir einen Tipp mit auf den Weg. Statt in einer der riesigen Malls dort zu essen, sollte ich lieber einen Abstecher in den buddhistischen Tempel um die Ecke machen. Das Dharma Realm Guan Yin Sagely Kloster betreibe nämlich eine öffentliche Kantine. Ich solle aber früh da sein, ab 13 Uhr sei meist alles abgegrast. Der Tempel ist wirklich schön und die dazugehörige Kantine der kulinarische Himmel auf Erden - vor allem für Vegetarier und Veganer wie mich. Die Auslage ist voll mit den unterschiedlichsten Gemüsesorten. Hier schmeckt mir sogar der Tofu: schön würzig und nicht so schlaff, wie ich es aus Deutschland gewohnt bin.
Malaysias Nationalgericht Nasi Lemak
Das Nationalgericht des Vielvölkerstaates bekommt man sowohl an den vielen mobilen Garküchen der Stadt als auch in guten Restaurants. Das Reisgericht Nasi Lemak wird mit Kokosmilch und Pandanblättern gekocht und mit Gurken, gerösteten Erdnüssen, Ei, getrockneten Sardellen und scharfer Chilisoße serviert. Für unterwegs gibt es den Leckerbissen auch im Bananenblatt. Die meisten Einheimischen essen Nasi Lemak zum Frühstück.
Die verbotene Frucht
Es geht doch nichts über Essen, da sind sich hier wirklich alle einig. Außer wenn es um Durian geht. Entweder man hasst oder man liebt Durian. Ich gehöre zu Letzteren. Die Frucht wird auch als Stinkfrucht bezeichnet. In Hotels und öffentlichen Gebäuden gibt es oft ein Anti-Durian-Schild. Der Geruch erinnert an eine Mischung aus Zwiebeln, Käse und wer weiß was. Deshalb treffen sich die Leute hier an kleinen Ständen unter freiem Himmel, um ihre Durian zu genießen. Jeder bekommt Plastikhandschuhe, bevor das Abenteuer beginnt. Auch der Geschmack ist, vor allem für Europäer, gewöhnungsbedürftig. Die Durian stammt aus Malaysia und gilt unter Einheimischen als Delikatesse. Auf der Insel Borneo, die teils zu Malaysia gehört, erfahre ich bei einem Wochenendausflug, dass sich eine Frau dort geschmeichelt fühlt, wenn sie ein Mann bei einem Date auf eine Durian einlädt. Bei uns in Deutschland wäre es dann vermutlich vorbei mit der großen Liebe.
Für jeden Geschmack etwas dabei
Etwas massentauglicher wird es, wenn es um Süßigkeiten geht. Ich mache einen Ausflug zu den Batu Caves. Eine riesige goldene Statue und viele bunte Treppen, die zu einer Höhle führen, in der Menschen beten und Touristen Fotos schießen. Die 272 Stufen geben mir den Rest. Aber nach dieser Tortur kann man sich ruhig ein paar der quietschbunten Süßigkeiten und zahlreichen Kekse an einem der Stände vor dem Tempel gönnen. Ein Verkäufer macht mich auf seine Plätzchen aus Kichererbsenmehl und Nüssen aufmerksam. Schon drückt er mir eins in die Hand. Mit einem riesigen Plastikbehälter voller Kekse fahre ich nach Hause. Zugegeben: lange gehalten hat die Großpackung nicht.
Nach meinen ersten Monaten in Kuala Lumpur wird mir klar, warum meine neue Wohnung wie viele andere hier keinen Herd hat. Man isst auswärts, am besten mit Freunden. Und an jeder Ecke der malaysischen Metropole gibt es eine andere kulinarische Köstlichkeit, die zeigt, wie vielfältig diese Stadt ist. KL steht wohl nicht nur für Kuala Lumpur, sondern auch für kulinarische Leidenschaft. Na dann: Guten Appetit - oder besser "menikmati makanan anda".