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Schleppender Start

Martin Farrent5. Juli 2002

Hinter dem Stichwort "E-Government" verbirgt sich mehr als der virtuelle Gang zum Einwohnermeldeamt. Auch öffentliche Aufträge könnten per Internet ausgeschrieben werden - wäre die elekronische Signatur ausgereift.

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Die Bundesregierung sucht Online-Lösungen für die VerwaltungBild: AP

Durch den Aufbau einer digitalen Verwaltung will die Bundesregierung Milliarden einsparen. Bis 2005 sollen rund 350 Dienstleistungen der Bundesverwaltung online verfügbar sein, Verwaltungsabläufe vereinfacht und der Service für die Bürger erheblich verbessert werden. Dieses Ziel formulierte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) auf dem Jahreskongress der Initiative D21 in Leipzig.

Ausschreibungen auf konventionellem Weg

Die Gesamtinvestitionen für die E-Government-Initiative der Bundesregierung belaufen sich auf insgesamt 1,65 Milliarden Euro - Peanuts im Vergleich zum Gesamtvolumen der öffentlichen Aufträge. Diese werden nach wie vor auf konventionellem Weg vergeben.

Rund 250 Milliarden Euro im Jahr geben Bund, Länder und Kommunen in Beschaffungsmaßnahmen und per Ausschreibung aus. Das ist immerhin etwa ein Achtel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Spärlich und weitgehend auf Pilotprojekte beschränkt ist hingegen der Anteil dieser Geschäfte, die zukunftsorientiert per Internet abgewickelt werden.

Elektronische Signatur unbeliebt

Erst im Mai des Jahres 2002 schrieb das Bundesinnenministerium einen Auftrag für 50 Mini-Computer per Internet aus. Firmen, die sich bei diesem Test bewerben, müssen sich elektronisch ausweisen können: mit einer auf Chipkarte gespeicherten elektronischen Signatur.

Und gerade hier liegt die Krux für das B2G-Geschäft (Business-to-Government): Obwohl sie seit rund einem Jahr der herkömmlichen Unterschrift rechtlich gleichgesetzt ist, kommt die digitale Signatur nicht recht vom Fleck. Sie gilt zwar als unumgänglich für ein sicheres E-Government. Doch hat sie in der Wirtschaft einfach zu wenig Fans.

Pionier auf dem Rückzug

Die Idee, sich per Karte nicht nur eindeutig ausweisen zu können, sondern zugleich E-Mails und andere Dokumente fälschungssicher zu versiegeln, galt noch vor wenigen Jahren als geradezu zum Erfolg verurteilt. Deutschland wurde sogar eine Pionierrolle bei der Entwicklung dieser Technologie zugesprochen. So traf die gesamte Branche vor wenigen Wochen ein schwerer Schock, als die Deutsche Post AG ihren Auszug aus der Sparte und die Auflösung der Signatur-Tochter Signtrust ankündigte.

Der Auszug der Post hatte Signalwirkung: Signaturengagierte waren rasch dabei, dem Staat die Verantwortung für das Debakel zuzuschieben. Dieser tue nichts, um das Autogramm per Mausklick zu fördern. Der Trierer Telematik-Professor Christoph Meinel forderte die Obrigkeit auf, endlich ihre "hoheitliche Aufgabe" wahrzunehmen und eine geeignete Infrastruktur für die elektronische Unterschrift zu schaffen.

Datenschutz steht im Weg

So logisch aber der Vergleich zum herkömmlichen Personalausweis oder Reisepass klingen mag, es gäbe vermutlich einen Aufschrei ohrenbetäubenden Ausmaßes, sollte der Staat tatsächlich beschließen, die Zertifikate für digitale Unterschriften selbst auszustellen. Denn: Wer das Zertifikat erzeugt, kann – theoretisch – auch die Signatur missbrauchen oder fälschen.

"Datenschutzrechtliche Probleme ohne Ende", sieht man bei einem solchen Szenario im Bundeswirtschaftsministerium. So wird es nach Einschätzung der Experten im Ministerium noch dauern, bis die öffentliche Auftragsvergabe im Netz zur Normalität zu wird.