Schokoladen-Feierlichkeiten
24. Oktober 2003Eugenio Guarducci, ein findiger Hotelier aus der umbrischen Hauptstadt Perugia, kam vor zehn Jahren auf die Idee zur weiteren Förderung des Tourismus eine Schokoladenmesse zu veranstalten. Seitdem lockt die "Eurochocolate" jeden Oktober zehntausende einkaufslustige Besucher nach Perugia. Gerade findet sie wieder statt, noch bis zum 26. Oktober 2003 steht Umbrien im Zeichen der Schokolade. Sogar das "Autodromo dell’Umbria" heißt dann "Chocodromo". Das Konzept ist so erfolgreich, dass man seit zwei Jahren im Frühjahr in Rom eine Zweitmesse veranstaltet. An hunderten von Ständen, die in der ganzen Altstadt Perugias verteilt sind, wird Schokolade aus der ganzen Welt angeboten, Verkäufer sind aber keineswegs direkt die Firmen. Alles kommt hier aus einer Hand, der des Erfinders und heutigen "Eurochocolate" Präsidenten Guarducci.
Schokoladen-Hauptstadt?
Der Erfolg dieser genialen Tourismus-Marketing-Strategie geht mittlerweile so weit, dass manche nun Perugia für Italiens Schokoladen-Hauptstadt halten, dort besonders große Süsswarenproduzenten vermuten. Immerhin kommt das im Ausland bekannteste italienische Konfekt aus Perugia, die "Baci Perugina", deren Hersteller allerdings jahrelang noch nicht einmal einen Stand auf der "Eurochocolate" hatte. Die Schokoladenlandschaft Italiens ist ansonsten eher das Piemont, woher so süsse Namen wie Ferrero stammen.
Aus bitter wurde süss
In Europa behaupten recht viele Gegenden von sich, Hochburg und Traditionsort der Schokoladenproduktion zu sein. Die spanischen Eroberer von Mexiko lernten Kakao von den Azteken kennen, für die Schokolade so lebens- und kraftspendend war wie Blut. Kakao wurde getrunken, nicht in fester Form verzehrt. Außerdem war es ein bitteres Getränk, die süsse Variante erfanden erst die Europäer. In Mittelamerika wurden Kakaogetränke eher scharf gewürzt, teilweise mit Chilipfeffer.
Zahlen mit Bohnen
Kakao war ein Getränk der Oberschicht, Kakaobohnen wurden als Zahlungsmittel verwendet. Noch in der frühen Spanierzeit zahlten die Azteken mit Kakaobohnen. Aus der Mitte des 16. Jahrhunderts ist sogar noch eine Liste mit Preisen in Kakaobohnen überliefert. Eine große Tomate kostete eine Kakaobohne, ein Truthahn 200 Kakaobohnen.
Über Spanien gelangten Kakaobohnen schließlich nach Europa, allerdings vorerst nur an die Höfe des Adels. Erst im 19. Jahrhundert wurden die heute gängigen Schokoladen-Varianten entwickelt und die preiswerte Massenproduktion von Tafelschokolade und Kakaopulver begann.
Immer schön rühren
Ein gewisses Vorrecht in der Welt der Schokolade hat sich im Laufe der Zeit die Schweiz errungen. Das Schokoladen-Komitee der Welternährungsorganisation FAO, das "Codex Committee on Cocoa Products and Chocolate", wird traditonell von einem Schweizer geleitet. Schließlich war es der Eidgenosse Rudolphe Lindt, der 1879 erstmals wirklich zartschmelzende und wohlschmeckende Schokolade herstellte, nachdem er das Verfahren des "Conchierens" entwickelt hatte. Lindt bemerkte, dass stundenlanges Rühren bei gleich bleibender Hitze den Geschmack wesentlich verbessert. Die Legende will, dass ein Mitarbeiter schlicht über Nacht vergessen hatte, die Maschinen abzustellen.
In Deutschland ist Köln die Süsswaren-Hauptstadt. Hier und in Aachen stehen große, traditionsreiche Schokoladenfabriken. In Köln findet seit 34 Jahren immer um den 1. Februar herum die Leitmesse der Branche, die Internationale Süßwaren-Messe statt. 1478 Anbieter aus 74 Ländern waren 2003 auf der Messe vertreten. Kindern unter 12 Jahren ist der Zutritt übrigens noch nicht einmal in Begleitung ihrer geschäftstüchtigen Eltern gestattet.
Museum für alle Sinne
Sogar ein Museum rund um die Geschichte und die Herstellung von Schokolade gibt es in Köln. Vom 24. Oktober bis zum 2. November 2003 feiert man dort den eigenen 10. Geburtstag mit einem großen Schokoladenfestival. Das Museum ist eine private Stiftung des Schokoladenfabrik-Erben Hans Imhoff, der das Haus im alten Kölner Rheinhafen 1993 eröffnete. "Schokolade müssen Sie mit allen Sinnen erleben", sagt Martin van Almsick vom Schokoladenmuseum. Selbst ein Tropenhaus gibt es dort, wo man die klimatischen Bedingungen im Ursprungsland der Kakaobäume hautnah erleben kann. Natürlich wird auch vor den Augen und Nasen der Besucher Schokolade hergestellt, 400 kg täglich, wie von Almsick vermerkt. Bei 580.000 Besuchern pro Jahr sei das eher eine geringe Menge, schließlich brauche man die eigene Schokolade schon für die Herstellung der Eintrittskarten. Denn selbst die sind "zum sofortigen Verzehr bestimmt".