Péter Esterházy gestorben
14. Juli 2016Dass Péter Esterházy an Krebs erkrankt war, wusste die Literaturszene schon länger. Und es war auch in der Öffentlichkeit bekannt - er hatte es im vergangenen Oktober selbst erzählt. Trotzdem kam die Nachricht von seinem Tod plötzlich und unerwartet. Die ungarische Nachrichtenagentur MIT verbreitete die Meldung am Donnerstag (14.7.2016) zuerst, unter Berufung auf Esterházys Familie und seinen Verlag.
Péter Esterházy wurde am 14.April 1950 in Budapest geboren. Er entstammt einer der ältesten Adelsfamilien Ungarns, die als Klassenfeinde der Kommmunisten in ein entlegenes Dorf verbannt wurde. Sein Großvater war 1917/18 Ministerpräsident von Ungarn. Esterházys Lebensweg führte ihn zuerst in andere Bereiche. Er studierte Mathematik und arbeitete nach dem Studium als Systemadministrator im Institut für Datenverarbeitung. Bis er die Literatur als seine eigentliche Berufung entdeckte und sich 1978 entschloss, mit dem freiberuflichen Schreiben sein Geld zu verdienen.
Kritischer Beobachter der Weltläufte
Sein erstes Buch "Produktionsroman" (1979) beschäftigte sich mit dem stressigen Alltag verzweifelnder Informatiker, den er in persiflierender Weise literarisch aufs Korn nahm. Immer blieben seine Bücher auch gesellschaftskritisch und zwischen den Zeilen politisch. Als sein Opus Magnum gilt die Familienchronik "Harmonica Caelestis" (2000) über die Familiendynastie der Esterházys, die er zwei Jahre später mit dem Band "Verbesserte Ausgabe" vervollständigte. Beide Bücher sind auch auf Deutsch erschienen.
Im Jahr 1999 wurde er mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur ausgezeichnet. 2004 erhielt er auf der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels - für seine literarische Begleitung des Wandels in Osteuropa. Der Ungar Esterházy, der zeitweise in Deutschland lebte und arbeitete, hatte den Rechtsruck in seinem Heimatland kritisch begleitet und sich dazu auch in Essays geäußert.
"Seine komödiantische Ruhelosigkeit", die ihm Michael Naumann, der frühere Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit", attestierte, blieb sein wichtigstes Markenzeichen. Auch die Neue Züricher Zeitung (NZZ) schrieb über ihn: "Esterházy lacht gern denkend, und er denkt mit Vorliebe lachend. Damit steht er im gegenwärtigen Ungarn ziemlich isoliert da."
Zuletzt lebte er wieder in seiner Geburtststadt Budapest, die ihn 2009 zum Ehrenbürger machte. Er hinterlässt seine Frau und vier Kinder.
hm/mak (dpa/munzinger)