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Schuften statt Schule

Lina Hoffmann26. Februar 2004

In vielen marokkanischen Familien müssen die Kinder den Lebensunterhalt mit verdienen. Teppiche knüpfen, Autos reparieren, Häuser bauen - für die Kinder bedeutet das meist den Verzicht auf eine ordentliche Ausbildung.

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Wunde Finger: In Marokko ist Kinderarbeit weit verbreitetBild: AP

In Marokko gibt es nach inoffiziellen Schätzungen eine halbe Million Kinderarbeiter zwischen 6 und 15 Jahren. Und das trotz aller Gesetze und Vorschriften, die in letzter Zeit auch in Marokko im Rahmen der internationalen Konvention gegen Kinderarbeit erlassen wurden.

Kinder sorgen für die Familie

Oft zwingt die finanzielle Not Minderjährige dazu, für ihre Familie zu sorgen. Doch Schule und Arbeit passen selten zusammen. Fast alle Kinderarbeiter gehen von der Schule ab. Was der Familie kurzfristig Geld verschafft, verbaut den Kindern ihre Zukunftsperspektiven. "Ich habe für wenig Geld am Bau gearbeitet, dann als Wächter und als Mechaniker. Ich hatte mir gewünscht, bis zur Uni zu kommen, aber das war nicht möglich", bilanziert der 18 jährige Ayoub. Er wuchs in einer armen Gegend in Casablanca auf und sorgt bereits seit 8 Jahren für den Unterhalt seine Familie. Einen richtigen Beruf hat er durch diese Tätigkeiten auch nicht erlernen können.

Von Kinderarbeit abhängig

Die meisten Kinder arbeiten nach wie vor in der Landwirtschaft und im traditionellen Handwerk. Dazu kommen Beschäftigungen in der Bauindustrie und in Autowerkstätten. Mädchen arbeiten auch als Haushaltshilfen in privaten Haushalten. Da die Hälfte der marokkanischen Wirtschaft auf Landwirtschaft und traditionellem Handwerk basiert, bleibt die Abhängigkeit von der Kinderarbeit ziemlich groß. Außerdem sorgen Armut und hohe Arbeitslosigkeit dafür, dass viele Familien nicht auf die Arbeit ihrer Kinder verzichten können.

Gesetze...

Mit neuen Gesetzen will die marokkanische Regierung Kinderarbeit eindämmen. Dabei müsse man aber zwischen kontinuierlicher Kinderarbeit und der Tradition, den eigenen Kindern das traditionelle Handwerk weiterzugeben, unterscheiden, meint Mustafa Al-Mansouri, der marokkanische Minister für Arbeit. Die Weitergabe der Tradition in Familienbetrieben könne man als eine Art berufspraktische Lehre betrachten. "Wir sind gegen die kontinuierliche Kinderarbeit. Mit den Gesetzen haben wir in Marokko einen Schritt getan, den bislang wenige Länder aus der Dritten Welt gewagt haben", so Al-Mansouri.

Die in Marokko aktiven Nichtregierungsorganisationen konzentrieren ihre Arbeit auf die Gründung spezieller Zentren, die sich um arbetende Kinder kümmern. Außerdem fördern sie schärfere Gesetze mit höheren Strafen für Arbeitgeber, die Kindern ausnutzen.

...sind nicht alles

Gesetze sind jedoch nicht alles: Solange das Land in Armut lebt, wird es schwer sein Kinderarbeit zu verhindern. "Jeden Tag kommen arme Familien mit ihren Töchtern zu mir, damit ich sie beschäftigen kann. Da ich auf billige Arbeitskräfte angewiesen bin, bin ich bereit sie aufzunehmen", sagt Frau Saadiya, die eine Teppichweberei besitzt. Natürlich sei es nicht in Ordnung, die Mädchen auszunutzen. Aber immerhin lernten sie etwas Nützliches. "Es ist eine bessere Alternative als auf den Strassen herum zu hängen, oder auf dem Strich zu landen, da sie eben nicht lesen und schreiben können."