Schutzprogramm für den Wald
10. Januar 2012REDD steht für "Reduzierte Emissionen aus Waldzerstörung und Walddegradierung". Seit 2008 arbeiten die Vereinten Nationen an entsprechenden Projekten. Sie zielen ab auf den Schutz der Klimafunktion von Wäldern, nämlich das Speichern des Treibhausgases CO2, das unter anderem für die globale Erderwärmung verantwortlich gemacht wird. Mittlerweile ist die weltweite Entwaldung laut Weltklimarat für 17 Prozent der jährlich emittierten Treibhausgase verantwortlich – mehr als die gesamten weltweiten Verkehrsemissionen. Daher spielt der Erhalt der Wälder eine wesentliche Rolle dabei, die kritische 2-Grad-Grenze bei der globalen Erderwärmung einzuhalten. Die ist das offiziell anerkannte Ziel des UN-Klimagipfel 2010 in Cancún
Wer den Wald schützt, wird belohnt
Die Idee basiert auf einem einfachen Prinzip: Wer den Wald nachweislich erhält, bekommt Geld aus dem Etat des REDD-Programms. Dazu wird dem in den Wäldern gespeicherten CO2 ein Geldwert zugewiesen. Dadurch werden waldreiche Entwicklungsländer motiviert, den Verlust der Flächen zu verhindern oder zu verringern, etwa durch Maßnahmen gegen Abholzung oder für Wiederaufforstung. Die Erweiterung REDD+ geht noch einen Schritt weiter. Hier werden nicht nur Maßnahmen gegen die Entwaldung, sondern auch die Erhöhung der Waldbestände sowie eine nachhaltige Bewirtschaftung belohnt.
Mit "UN-REDD" haben die Vereinten Nationen ein entsprechendes Programm geschaffen. Zurzeit beteiligen sich 35 Länder, davon erhalten 14 Staaten direkte Unterstützung für nationale Waldschutzaktivitäten. Das Volumen hierfür beträgt bislang knapp 60 Millionen US-Dollar. Doch die Umsetzung ist komplexer, als sie zunächst klingt.
Kritiker bemängeln vor allem, dass im Zusammenhang mit UN-REDD derzeit noch ein rechtlich verbindliches Abkommen fehlt. Auch konkrete Maßnahmen sind bislang nicht festgelegt, es handelt sich vielmehr um eine Sammlung von verschiedenen Vorstellungen, wie Wälder vor der Vernichtung geschützt werden können. Geklärt werden muss auch, wie verhindert werden kann, dass artenreiche Urwälder verschwinden und mit monokulturellen Plantagen aufgerechnet werden. Wenn nämlich drei Hektar Primärwald durch drei Hektar Nutzwald, etwa für die Palmölproduktion ersetzt werden, findet rechnerisch kein Waldverlust statt.
Viele offene Fragen
Auch die künftige Finanzierung des Programms ist noch ungeklärt. Soll es Geld vom "Green Climate Fund" erhalten, der auf der UN-Klimakonferenz in Cancún 2010 zur Unterstützung der Entwicklungsländer beschlossen wurde? Oder sollen die durch den Waldschutz erreichten Emissionsreduktionen in den Handel mit CO2-Zertifikaten einbezogen werden? So könnten Industrienationen Emissionen kompensieren, indem sie für den Waldschutz in Entwicklungsländern Geld zahlen. Kritiker sehen darin einen grundsätzlichen wunden Punkt des Emissionshandels: Eine Form der Legalisierung von eigenen Verschmutzungen. Damit werde die eigentliche Ursache der Entwaldung, nämlich das hohe Verbrauchsniveau der Industrieländer nicht angegangen, heißt es in einem Statement der "Durban Group for Climate Justice".
Für Markus Groth, Ökonom beim Climate Service Center (CSC) des Helmholtz-Zentrums Geesthacht steht die Klärung der offenen Fragen derweil an oberster Stelle: "Wenn diese nicht bald geklärt werden", so Groth, "dann sehe ich die Zukunft für REDD skeptisch". Er hoffe, dass die Lösungen bei der UN-Nachhaltigkeitskonferenz Mitte 2012 in Rio de Janeiro gefunden werden, 20 Jahre nach Verabschiedung der Klimarahmenkonvention. Vor allem die Kriterien, wie das Geld verteilt wird, müsse man verbindlich regeln, sagt der CSC-Ökonom.
Missbrauch programmiert?
Dies scheint auch vor dem Hintergrund eines möglichen weiteren Problems wichtig: Korruption. Die Organisation Transparency International kritisiert, dass ausgerechnet die Länder, die Finanzmittel zum Erhalt von Wäldern erhalten, als "korruptionsanfällig" gelten. Als Beispiele werden Kongo und Indonesien genannt, zwei von insgesamt 14 Ländern, die vom UN-REDD-Programm unterstützt werden. Im "Korruptionswahrnehmungsindex 2011" von Transparency International tauchen diese Staaten weit hinten auf – gelten also als besonders korrupt.
Dass mit dem illegalen Abholzen von Wäldern Geld gemacht werden kann, zeigt das Beispiel des Holzhandels zwischen Laos und Vietnam. "In Laos ist der Export von Rundholz, also kompletter Stämme und großer Äste, verboten, aber das vietnamesische Recht verbietet nicht den Import", klagt Julian Newman, Kampagnendirektor der Environmental Investigation Agency (EIA) in London. Problematisch sei vor allem, dass hier ein ressourcenhungriges Land und ein Land mit einer korrupten und machtlosen Regierung aneinandergrenzen. Gegen Bezahlung ließen laotische Beamte von Zoll- und Forstverwaltung die illegalen Lieferungen die Grenze passieren. Und auch die Bevölkerung duldet es stillschweigend, schließlich sieht sie in den relativ großen Waldflächen sonst kaum einen wirtschaftlichen Nutzen für sich.
Europa und USA müssen handeln
Um den illegalen Holzhandel zu stoppen, sieht die EIA vor allem die USA und Europa in der Pflicht. "Denn sie sind die größten Nutzer und haben entsprechend Einfluss. Sie müssen sicherstellen, dass Holzprodukte aus Vietnam nicht mit illegalem Holz aus Laos produziert werden", sagt Julian Newman. Und Vietnam sollte das Exportverbot in Laos achten und nicht dulden, dass dieses durch Importe umgangen wird.
Ein Problem, das auch die Vereinten Nationen erkannt haben wollen. "Die überwiegende Mehrheit der UN-REDD-Partnerländer hat die UN-Konvention gegen Korruption unterschrieben", sagt der Leiter des Programms Yemi Katerere. Außerdem biete man in einigen Ländern Workshops an, um Korruptionsrisiken zu erkennen und zu bekämpfen. Die ersten Seminare seien kürzlich in Nepal und Thailand abgeschlossen worden. Weitere seien in Zukunft auch in Afrika geplant.
Autor: Po-Keung Cheung
Redaktion: Ranty Islam