Neues Einwanderungsgesetz in der Schweiz
16. Dezember 2016Fast drei Jahre nach der Volksabstimmung gegen "Masseneinwanderung" soll nun eine moderate Umsetzung der Initiative kommen - ohne Obergrenzen und Kontingente. Aus Rücksicht auf EU-Prinzipien verzichtet das Gesetz auf die ursprünglich geforderten jährlichen Höchstzahlen für ausländische Arbeitskräfte. Stattdessen sollen Arbeitsämter bei der Regulierung helfen.
Statt mit Obergrenzen soll die Zuwanderung mit einem anderen Hebel gesteuert werden: Die Arbeitsämter sollen künftig sehr genau darauf achten, ob Stellen mit in der Schweiz gemeldeten Arbeitslosen besetzt werden können. Das können aber auch dort gemeldete EU-Ausländer sein. Ein Inländervorrang wäre damit quasi passé.
SVP droht mit neuem Referendum
Die Schweizer Volkspartei (SVP) kritisierte die von Parlament erarbeitete Lösung als Verfassungsbruch und bezeichnete das Gesetz als "Kapitulation vor der EU". Fraktionschef Adrian Amstutz warf der Christdemokratischen Volkspartei (CVP) "heuchlerische Enthaltung" vor. Die SVP hatte die Volksabstimmung 2014 initiiert und droht nach den Entscheid mit einem neuen Referendum zur Kündigung der Personenfreizügigkeit, sollte die Zuwanderung weiter steigen. 50,3 Prozent der Schweizer hatten im Februar 2014 für die "Masseneinwanderungsinitiative" gestimmt.
Zuvor hatte Brüssel mehrfach deutlich gemacht, dass eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit als Verletzung gegen das Gesamtpaket der bilateralen Verträge angesehen werde. Dieses garantiert nicht nur allen EU-Bürgern die freie Wohnsitz- und Arbeitsplatzwahl in der Schweiz und umgekehrt. Das Abkommen regelt auch den Zugang zum EU-Binnenmarkt, der bei einem Verstoß ebenfalls auf dem Spiel stehen würde. Mehr als die Hälfte der Schweizer Exporte gehen in die EU.
Win-Win-Situation für Schweizer und EU-Bürger
Für die Grenzregion sei das neue Gesetz keine schlechte Nachricht, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, Professor Claudius Marx. "Die Umsetzung ist ein Bekenntnis zum Freizügigkeitsabkommen und damit auch zur EU", so Marx. Rund 56.000 Menschen pendelten täglich vor allem aus Baden-Württemberg zur Arbeit in die Schweiz. Von der freien Wahl von Wohnsitz und Arbeitsplatz hätten aber nicht nur Grenzgänger etwas, erklärt der IHK-Chef. "Es ist ein Geben und Nehmen, der Schweizer Arbeitsmarkt profitiert auch von den Fachkräften."
pab/se (dpa, NZZ, rtre)