Schwerpunkt Polizei
1. Februar 2002Deutschland ist nach den Worten von Bundeskanzler Gerhard Schröder sehr daran interessiert, sich beim Aufbau einer eigenständigen afghanischen Polizei zu engagieren. "Wir können uns vorstellen, dass wir dort einen Schwerpunkt setzen", sagte Schröder nach seinem Treffen mit US-Präsident George W. Bush am Donnerstagabend in Washington. Die Übernahme der Führung der Afghanistan-Schutztruppe habe in dem Gespräch dagegen keine Rolle gespielt, betonte Schröder.
Lob von Bush
Die Ausbildung einer eigenständigen Polizei und anderer Instanzen zur Durchsetzung des Rechts sei für den demokratischen Aufbau in Afghanistan von großer Bedeutung, sagte Schröder. Langfristig sei auch der Aufbau einer militärischen Struktur notwendig. Bush selbst erklärte nach dem Gespräch im Oval Office des Weißen Hauses, er habe dem Bundeskanzler für die "enormen Beiträge" gedankt, die Deutschland beim Anti-Terrorkampf geleistet habe und noch zu leisten bereit sei. Der Kanzler versicherte, Deutschland werde sich weiter nachhaltig in Afghanistan engagieren.
Schröder hatte bereits vor seinem Treffen mit Bush erklärt, dass Berlin derzeit die Führung nicht übernehmen könne. Deutschland tue bereits jetzt mehr als vergleichbare Partner. Schröder wies darauf hin, dass mehr als 8000 deutsche Soldaten auf dem Balkan engagiert seien; fast 4000 weitere seien im Kampf gegen den internationalen Terrorismus im Einsatz.
Keine neuen Ziele
Eine öffentliche Debatte über eine mögliche Beteiligung Deutschlands an Militäraktionen außerhalb Afghanistans lehnte Schröder ab. "Solche Fragen werden beantwortet, wenn sie sich stellen", sagte er. Es sei nicht seine Sache, darüber zu spekulieren. Bush hatte in seiner Rede an die Nation Iran, den Irak und Nordkorea als mögliche Ziele genannt. "Auch nach der bedeutenden Rede des Präsidenten zur Lage der Nation gibt es keine neuen definitiven Ziele."
Bush habe eigenen Worten zufolge "keine weiteren Pläne auf dem Schreibtisch", die einen Angriff oder eine Intervention in einem des Staatsterrorismus verdächtigten Land vorsähen. Der Begriff von der 'Achse des Bösen' in seiner Erklärung zur Lage der Nation Anfang der Woche sei als Warnung an Länder wie Irak, Iran oder Nordkorea gedacht, sich jeglicher Waffenlieferung an Terroristen zu enthalten und keine Massenvernichtungswaffen herzustellen.
Keine Kritik an Haftbedingungen
Auch bei der umstrittenen Frage der Behandlung von inhaftierten Taliban- und El-Kaida-Kämpfern auf dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba demonstrierten beide Seiten Einigkeit. Schröder betonte, es habe zwar "Anfangsschwierigkeiten" gegeben; er sei aber überzeugt, dass die amerikanische Verfassung und internationales Recht eingehalten würden. An der Diskussion über den Status der Gefangenen wolle er sich nicht beteiligen. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer hatte sich vor kurzem dafür ausgesprochen, diesen Häftlingen den Status von Kriegsgefangenen zu gewähren. (mik)