Der Absturz der WM-Helden von 2014
17. Juli 2020Die Verlängerung des WM-Finals 2014 in Rio de Janeiro: Zwischen Deutschland und Argentinien steht es 0:0, die 113. Minute läuft, noch gut sieben Minuten bis zum Elfmeterschießen. Da stürmt André Schürrle über die linke Außenseite. Obwohl zwei Argentinier ihn bedrängen, gelingt es ihm, den Ball in den Strafraum zu flanken. Am Fünfmeterraum nimmt Mario Götze den Ball mit der Brust an und schießt ihn mit links ins lange Eck. 1:0. Die Entscheidung, wenige Minuten danach ist Deutschland Weltmeister. Schürrle und Götze werden als WM-Helden gefeiert. Sechs Jahre später ist vom WM-Ruhm 2014 bei beiden nur noch die Erinnerung an einen genialen Moment übrig geblieben. Borussia Dortmund hat beide aussortiert. Torschütze Götze ist nun vertragslos, Schürrle hängt sogar die Fußballschuhe an den Nagel.
Abrechnung mit Fußballgeschäft
"Die Entscheidung ist lange in mir gereift", sagte Schürrle dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zu seiner überraschenden Entscheidung, schon mit 29 Jahren die Karriere zu beenden. "Ich brauche keinen Beifall mehr." Der Offensivspieler rechnete mit dem Fußballgeschäft ab. Dort zähle "nur die Leistung auf dem Platz", so Schürrle. Er sei oft einsam gewesen, gerade als "die Tiefen immer tiefer wurden und die Höhepunkte immer weniger". Die Branche erlaube es nicht, Gefühle zu zeigen: "Man muss ja immer eine gewisse Rolle spielen, um in dem Business zu überleben. Sonst verlierst du deinen Job und bekommst auch keinen neuen mehr."
"Für beide Seiten keine Erfolgsgeschichte"
Über den FSV Mainz 05 und Bayer 04 Leverkusen war Schürrle 2013 nach England zum FC Chelsea gewechselt. 2015, ein Jahr nach dem WM-Titel, kehrte er in die Bundesliga zurück, zunächst zum VfL Wolfsburg. 2016 unterschrieb Schürrle beim BVB, wo er sich jedoch nie wirklich durchsetzen konnte. Schließlich konnte und wollte der Klub mit ihm nichts mehr anfangen, lieh ihn 2018 in die Premier League zum FC Fulham aus und ein Jahr später in die russische Liga zu Spartak Moskau.
Jetzt lösten der BVB und Schürrle den eigentlich noch bis Mitte 2021 laufenden Vertrag vorzeitig auf. "Es war für beide Seiten definitiv keine Erfolgsgeschichte", gab BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke Schürrle noch mit auf den Weg. Dass dieser ganz aus dem Fußball herausführen würde, ahnte der Dortmunder Vereinschef da allerdings noch nicht.
Glücklos bei Bayern und BVB
Watzkes Worte würden auch die zweite Zeit von Mario Götze bei Borussia Dortmund treffend beschreiben. Der WM-Torschütze von 2014 war beim BVB groß geworden. Als er Weltmeister wurde, stand er bereits ein Jahr lang beim FC Bayern unter Vertrag. Doch wie für Schürrle lasteten auch für Götze der WM-Triumph und die dadurch vielleicht auch überhöhten Erwartungen wie ein Fluch auf seiner Karriere. Bei ihm kam auch noch Pech dazu. Zahlreiche Verletzungen und Krankheiten warfen Götze immer wieder zurück. Der damalige Bayern-Trainer Carlo Ancelotti legte ihm 2016 nahe, sich einen neuen Verein zu suchen.
Götze kehrte zum BVB zurück, doch an seine Glanzzeiten konnte er auch dort nicht mehr anknüpfen. Sein zum Saisonende auslaufender Vertrag wurde nicht verlängert. Im letzten Spiel der Saison gegen 1899 Hoffenheim stand Götze nicht einmal im Kader des BVB. Ein bitterer Abschied. Angeblich will der 28-Jährige sein Glück nun im Ausland suchen. Einige europäische Topvereine wie Atletico Madrid, AC Mailand und AS Monaco sollen Interesse an Götze haben. Dass er noch einmal auf dem Platz einen so genialen und unvergesslichen Moment wie 2014 in Rio de Janeiro erleben wird, erscheint fraglich. Und selbst wenn, André Schürrle wird daran nicht mehr beteiligt sein.