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Scorpions in Paris: "Fest des Lebens"

Philipp Jedicke, Marina Strauß (mit dpa)24. November 2015

Viele Musiker haben nach den Pariser Anschlägen ihre Konzerte in der französischen Hauptstadt abgesagt. Nicht so die Scorpions. Ihr Auftritt wurde zum Fest, die Premiere des DW-Films über die Band allerdings abgesagt.

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Scorpions-Konzert in Paris (Foto: EPA/ETIENNE LAURENT)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Scorpions live in Paris

Die deutsche Hardrock-Band tourt nach den Terrorattacken vom 13. November weiter. Mit ihrem Konzert in Paris am Dienstagabend wollten die Hannoveraner vor allem eines zeigen: ihre Solidarität mit den französischen Fans. "Es gab die ganze Bandbreite an Emotionen", schildert DW-Reporter Friedel Taube seine Eindrücke vom Konzert. "Es wurde abgerockt, es gab stille Momente, und es wurden bei "Send Me An Angel" auch ein paar Tränchen verdrückt." Mit dem Lied gedachten die Scorpions der Opfer und deren Angehörigen. "Als dann noch das Peace-Zeichen mit dem Eiffelturm als Bühnenhintergrund eingeblendet wurde, war das schon ein ganz besonderer Moment für alle Anwesenden", so Taube weiter.

Die Scorpions treten seit einem halben Jahrhundert auf und sind zum 50-jährigen Bandjubiläum auf Welttournee. Ein Gig in Paris ist für die Altrocker trotzdem immer noch ein Highlight. Denn hier haben sie 1984 die Konzerthalle Bercy eingeweiht, wo sie auch jetzt auftraten. Nach den Anschlägen in Paris waren die Scorpions unter den ersten internationalen Bands, die wieder ein Großkonzert in der französischen Hauptstadt gaben.

In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Paris erklärte Sänger Klaus Meine, die Scorpions hätten sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt, ob sie wieder in Frankreich spielen sollen oder nicht. "Diese Frankreichtour ist überschattet von diesen traurigen, schrecklichen Ereignissen." Der Band sei sehr wichtig, dass die Sicherheit für die Fans, die Band, die Crew und die Mitarbeiter gewährleistet sei. Die Sicherheitsvorkehrungen für alle Konzerte in Frankreich seien aber hochgefahren geworden.

Keine symbolische Überhöhung

Das Konzert ist bereits das zweite ihrer Frankreichtour. Die Band trat zuvor am Samstag in Lille auf. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. "Wir sind hier in Frieden und voller Hoffnung zusammengekommen", rief Sänger Klaus Meine dem Publikum zu, während die Bühne in den Farben der Tricolore erstrahlte. "Es war einfach großartig zu sehen, wie die französischen Fans trotz dieser schwierigen Situation zusammenstehen", so Meine später. "Es ist sehr berührend, wenn man auf der Bühne steht und die Fans große Banner hochhalten, auf denen sie sich für die Unterstützung seitens der Band bedanken."

Die Band will zwar respektvoll mit der Situation umgehen, ihre Auftritte aber auch nicht symbolisch überhöhen. Die Fans in Paris sollen für zwei Stunden die Realität ausblenden und "ein Fest des Lebens" feiern, sagte Meine im Vorfeld. Der Anschlag im Bataclan treffe sie alle mitten ins Herz. "Man geht mit gemischten Gefühlen zu Großveranstaltungen in diesen Tagen, sei es beim Sport, zum Fußball oder auch Musikveranstaltungen", erklärte er.

Ihr geplantes Programm wollten die Scorpions nicht ändern. Man könne zwar kritisieren, dass die Band in einer solchen Lage einen Song wie "Dynamite" spiele, aber die Hardrocker wollen sich nichts von außen diktieren lassen.

Gemeinsam die Angst überwinden

Auch die Band selbst fühlte sich bedroht, angegriffen und verletzt, erklärte Klaus Meine. Trotzdem wollten die Scorpions ein Zeichen setzen und zusammen mit ihren Fans singen - anders als viele andere Bands, die ihre Konzerte in Paris vorsichtshalber absagten, darunter so bekannte Namen wie U2, Marilyn Manson, Motörhead, Prince oder José Gonzalez.

Konzertbesucher halten ein Transparent mit den Worten "Bataclan" hoch
"Bataclan" ist allgegenwärtigBild: picture-alliance/dpa/N. C. Ochoa

"Wenn wir jetzt sagen würden, ne, wir machen das nicht, ist das nicht gut für den Ablauf unserer Demokratie. Wir sind fünf Freunde, die um die Welt fahren und Brücken bauen, und hier sind wir als Brückenbauer gefragt", sagte Bandgründer Rudolf Schenker der DW kurz vor dem Auftritt. "Zum Zeitpunkt, als die Tragödie stattfand, war klar, dass wir als Band zusammenhalten und dann mit unseren französischen Freunden und Fans: sagen: Wir wollen zeigen, wir sind stärker. Wir geben euch die Kraft über die Musik."

Obwohl das Konzert ausverkauft war, war die Halle am Konzertabend in Paris nur zu rund 90 Prozent gefüllt - einige Leute waren - wohl aus Angst oder noch zu geschockt von der Tragödie - nicht gekommen. Doch die Anwesenden feierten ein "Fest des Lebens": "Sie haben alle zusammen mit uns Ängste überwunden", sagte Klaus Meine der DW nach dem Konzert und Rudolf Schenker ergänzte: "Es geht hier nur um Menschlichkeit; das ist das einzige, was zählt."

Premiere des DW-Films "Forever And A Day" abgesagt

Einen Tag nach dem Konzert sollte am Mittwoch (25.11.2015) im Kino Publicis Drugstore auf den Champs Elysées der DW-Film über die Scorpions seine Premiere in Frankreich feiern. 400 Gäste und die Band hatten sich angesagt. Doch der Veranstalter teilte schon Tage vorher mit, dass aufgrund des derzeitigen Ausnahmezustands und des damit verbundenen Versammlungsverbots weder ein roter Teppich ausgerollt, noch ein Pressetermin draußen vor dem Kino stattfinden könne. Daraufhin wurde die Premiere abgesagt. Der Film läuft allerdings planmäßig in den französischen Kinos an.

Eagles of Death Metal erfahren weltweit Solidarität

Direkt betroffen von den Anschlägen in Paris war die Band Eagles of Death Metal (EODM). Sie spielte gerade in dem berühmten Club Bataclan, als eine Gruppe von Terroristen mit Maschinengewehren und Sprengstoffgürteln den Zuschauerraum stürmte und 89 Menschen tötete.

USA, die Band Eagles of Death Metal
Eagles of Death Metal brachen ihre Tour nach dem Anschlag im Bataclan abBild: Getty Images/K. Winter

Vor wenigen Tagen gab Sänger Jesse Hughes dem Online-Magazin Vice gemeinsam mit Bandgründer Josh Homme, der bei dem Anschlag in Paris nicht dabei war, ein exklusives Interview über die Ereignisse. Der Umgang mit dem Material seitens der Vice-Redaktion, die vorab einen Ausschnitt des Interviews schalteten, ist schwer umstritten. Viele Social Media-Nutzer betrachten das als unnötig, als klickzahlenheischende Maßnahme oder schlicht als geschmacklos. Warum wurde nicht sofort das ganze Interview veröffentlicht, fragen viele; schließlich gehe es hier nicht um Werbung für ein neues Album, sondern um das Attentat. Die Sympathie für EODM scheint derweil ungebrochen.

Gelungene britische Faninitiative - Duran Duran machen mit

Britische Fans der Eagles of Death Metal hatten in Reaktion auf die Anschläge vorgeschlagen, den Duran Duran-Coversong "Save A Prayer" von EODM mit möglichst vielen Downloads auf Platz 1 der britischen Charts zu wuchten. Auf einer eigens erstellten Facebook-Seite mit dem Titel "Eagles Of Death Metal For No. 1" riefen sie dazu auf, den Titel massenhaft herunterzuladen - mit Erfolg: Die digitalen Verkäufe stiegen in mehreren Ländern stark an, wie das Marktforschungsunternehmen GfK Entertainment am Mittwoch mitteilte. In den Niederlanden landete der Song der bis dato eher einem eingeweihten Kreis bekannten Spaßrocker tatsächlich auf Platz 1 der Downloadcharts, in Frankreich auf Platz 3, in Deutschland immerhin auf Platz 4.

Italien, die Band Duran Duran
Die Autoren des Originals von "Save A Prayer": die britische Popband Duran DuranBild: imago/UPI Photo

Die Autoren von "Save A Prayer", die britische Popgruppe Duran Duran um Sänger Simon Le Bon, ließ über Twitter wissen, dass sie alle Erlöse aus der EODM-Fanaktion für einen guten Zweck spenden werde.

Pearl Jam zollen Eagles of Death Metal Tribut

Die legendäre Rockband Pearl Jam aus Seattle spielt bei ihren Konzerten häufig Coverversionen anderer Bands, doch die Auswahl des Eagles of Death Metal-Hits "I Want You So Hard (Boy's Bad News) vom Album "Death By Sexy" war eine Woche nach den Anschlägen in Paris natürlich keine Zufallswahl. Frontmann Eddie Vedder kündigte den Song im Stadion von Belo Horizonte in Brasilien mit den Worten an: "Das hier haben wir noch nie gespielt." Die beiden Bands kennen sich gut: EODM-Gründungsmitglied und Queens of the Stone Age-Frontmann Josh Homme trat beim 20. Geburtstag von Pearl Jam live mit den Grunge-Legenden auf und war als Gastmusiker auf einer Weihnachtssingle der Band dabei.

Argentinien, die Band Pearl Jam
Pearl Jam-Sänger Eddie VedderBild: picture alliance/landov/TELAM

Foo Fighters bringen Gratis-EP heraus

Auch die Band um Ex-Nirvana-Drummer Dave Grohl gehört zum engeren Freundeskreis der Eagles of Death Metal. Während ihres Aufenthalts beim Austin City Limits Festival in Texas hatte die Band spontan fünf neue Songs in ihrem Hotel Saint Cecilia aufgenommen, das der EP ihren Titel gab. Seit Montag kann die EP "Saint Cecilia" gratis auf der Internetseite der Band heruntergeladen werden. Eigentlich wollte die Band am Ende ihrer Welttournee mit den neuen Songs "das Leben und die Musik feiern", wie Grohl erklärte. Nach den Anschlägen von Paris habe die Veröffentlichung nun aber eine "neue, hoffnungsvolle Intention". "Vielleicht bringen die Songs ein bisschen Licht in diese manchmal dunkle Welt", ergänzte der Sänger.

Die Foo Fighters Copyright: 2015 Marek Lieberberg
Auch die Foo Fighters zeigen sich solidarisch mit ParisBild: 2015 Marek Lieberberg Konzertagentur

Eigentlich sollten die Foo Fighters vergangene Woche in Paris auftreten. Nach den Anschlägen sagten sie aber alle restlichen Konzerte ihrer Europatournee ab. Die Band sei in Gedanken bei den Anschlagsopfern und ihren Angehörigen, erklärte Grohl auf der Website der Band. "Wir werden zurückkommen und irgendwann wieder mit euch das Leben und die Liebe mit unserer Musik feiern." Zusätzlich rief die Band auf ihrer Website zu Spenden für die Familien der Opfer auf.