Kurz: EU-Flüchtlingsquote ist gescheitert
24. Dezember 2017Eine Quote, die die EU-Mitgliedstaaten zur Aufnahme von Flüchtlingen zwingt, ist aus Sicht des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz (Archivbild) ein Irrweg. "Die Mitgliedstaaten sollten selbst entscheiden, ob und wie viele Menschen sie aufnehmen", sagte der 31-jährige konservative Politiker der "Bild am Sonntag". Kurz bekräftigte damit eine Position, die er schon mehrfach öffentlich vertreten hatte.
Die Diskussion über eine Quote sei auch deshalb sinnlos, weil die meisten Migranten, die sich auf den Weg nach Europa machten, nicht nach Bulgarien und Ungarn, sondern vor allem nach Deutschland, Österreich oder Schweden wollten, so Kurz. Zurzeit beantragen laut Eurostat 60 Prozent aller Migranten, die in die EU kommen, Asyl in Deutschland. Vor allem Bulgarien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen weigern sich, Flüchtlinge aufzunehmen.
Hilfe vor Ort, nicht in Europa
Die Fehlentwicklungen in der EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik gehören laut Kurz dringend korrigiert. "Die Grenzen zwischen Asyl und Wirtschaftsmigration sind derzeit vollkommen verschwommen." Es gehe darum, den Menschen in ihren Herkunftsländern zu helfen. Wenn das nicht möglich sei, dann in den Nachbarstaaten oder in sicheren Gebieten auf dem Kontinent der Hilfsbedürftigen. "Diese sollte die EU unterstützen, vielleicht sogar organisieren und militärisch sichern." Erst in einem letzten Schritt solle vor Ort ausgewählt werden, wer nach Europa kommen dürfe, sagt Kurz. "Aber wir können nicht länger jeden aufnehmen, der es mit Hilfe eines Schleppers illegal in die EU schafft."
Weniger illegale Einreisen als 2016
Nach Angaben der Bundespolizei ist die Anzahl der unerlaubten Einreisen an den deutschen Grenzen zu Bayern und Baden-Württemberg im Vergleich zum Vorjahr allerdings deutlich zurückgegangen. Bis einschließlich November gelangten in diesem Jahr 19.600 Flüchtlinge über Österreich, Tschechien und die Schweiz nach Deutschland. 2016 waren es im gleichen Zeitraum etwa 74.000 illegale Einreisen.
An der Grenze zu Bayern registrierte die Bundespolizei 410 Fälle von Schleusung, 2016 waren es 665. Die in diesem Jahr dort aufgegriffenen Flüchtlinge waren zumeist Männer zwischen 16 und 35 Jahren, die aus Nigeria, Afghanistan, Syrien und dem Irak stammten. In Baden-Württemberg kamen vor allem Migranten aus Guinea, Nigeria und Eritrea, aber auch aus Somalia und Gambia an.
Etwa 40 Prozent der 2017 an der deutsch-österreichischen Grenze eingereisten Flüchtlinge seien zurückgewiesen worden, so die Bundespolizei. Die Asylsuchenden seien nach der Einreise kontrolliert und an eine Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet worden. Die Prüfung des Asylantrages erfolge danach durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Selbstgesteckte Ziele verfehlt
Das BAMF bietet den Flüchtlingen auch Integrationskurse an, die neben der Sprache Grundlagen in deutscher Rechtsordnung, Geschichte und Kultur vermitteln sollen. Der "Welt am Sonntag" sagt die Behörde, dass sie ihre selbstgesteckten Ziele für das Jahr 2017 beim Angebot von Integrationskursen jedoch verfehlt habe. Statt der veranschlagten sechs Wochen Wartezeit bis zum Antritt eines solchen Kurses müssten die Teilnehmer mittlerweile 12,5 Wochen warten. Im Januar lag die Wartezeit noch bei 10,9 Wochen.
Das Amt müsse "noch besser darin werden, die Menschen schneller und gezielter in die Integrationskurse zu bringen", sagte eine Sprecherin. Auch eine weitere Zielmarke wurde nicht erreicht: Insgesamt sollten in diesem Jahr 430.000 Menschen an Integrationskursen teilnehmen. Bis Mitte Dezember seien es allerdings nur etwas mehr als 280.000 neue Teilnehmer gewesen.
jv/jj (dpa, afp)