Sechs-Tage-Krieg
5. Juni 2007
Am 5. Juni 1967 bricht der dritte Nahost-Krieg aus. Er soll als “Sechs-Tage-Krieg” in die Geschichte eingehen, weil er kürzer sein wird als alle anderen Nahost-Kriege. Auch die, die noch folgen sollen. Aber mehr als alle anderen Kriege wird er die Lage in der Region von Grund auf verändern: Israel wird zur Besatzungsmacht auf den syrischen Golan-Höhen, vor allem aber im bis dahin jordanischen Westjordanland sowie dem bislang von Ägypten kontrollierten Gaza-Streifen. Und es kontrolliert damit das gesamte Gebiet des historischen Palästina, in dem nach Beschluss der Vereinten Nationen von 1947 doch ein jüdischer und ein arabischer Staat hätten entstehen sollen.
Mit diesem Teilungsbeschluss hatte die arabische Welt sich nicht abgefunden. Für die meisten Israelis stellt dieser Krieg im Juni 1967 sich vor den aus Kairo und Damaskus verbreiteten Drohungen denn auch als Existenz-Kampf dar. In Radio Kairo heißt es am 5. Juni 1967: “Das arabische Volk ist entschlossen, Palästina von eurer Anwesenheit zu säubern. Packt eure Koffer und verlasst Palästina, bevor wir euch den Tod bringen.”
Achmed Shukeiry, der erste Vorsitzende der PLO, droht, seine Organisation warte nur darauf, “die Juden ins Meer zu werfen.” Die Realität und der Verlauf des Krieges sind aber sehr weit von solchen Slogans und Drohungen entfernt: Die israelische Luftwaffe überrumpelt und zerstört innerhalb einer Stunde die ägyptische Luftwaffe. Ägyptische Boden-Truppen ergreifen die Flucht, Israel hat leichtes Spiel mit ihnen. Gegenüber Syrien und Jordanien verläuft der Krieg in den nächsten Tagen ähnlich.
Spekulationen über Hintergründe
Über die Hintergründe des Krieges gibt es Spekulationen, dass Moskau durch den Krieg an Einfluss in der Region gewinnen will - belegt ist das aber nicht. Vielmehr glaubt der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser offenbar, sich durch ein Machtpoker in der Rolle des panarabischen Führers präsentieren zu können. Er lässt mobilisieren und er fordert den Abzug der UN-Truppen, die seit dem Sinai-Feldzug von 1956 entlang der Waffenstillstandslinie stationiert sind.
Generalsekretär U Thant kommt der Aufforderung nach. Die Blauhelme verlassen auch Tiran, die Meerenge am Südende des Golfes von Akaba. Und Kairo beschließt, die verlassenen Stellungen zu übernehmen und die Meerenge für israelische Schiffe zu schließen. Obwohl Jerusalem genau dies zum casus belli deklariert hat. In Verkennung der Gefahr tönt Präsident Nasser vor ägyptischen Soldaten: ”Sie drohen mit Krieg, die Juden. Bitte schön. Wir sind bereit für den Krieg.”
Krieg nach sechs Tagen vorbei
Auch Israel mobilisiert. Washington warnt vor einer Überreaktion der Israelis. Moskau vor einem ägyptischen Angriff. Beide Supermächte versprechen ihren Schützlingen Hilfe nur, wenn diese nicht den ersten Schlag führen. Israels Militärs drängen zur Eile, Ministerpräsident Levi Eshkol aber zaudert. Bis er Moshe Dayan zum Verteidigungsminister beruft - den Helden des Sinai-Feldzuges von 1956. Dayan beschließt, die Initiative zu ergreifen und am 5. Juni anzugreifen.
Sechs Tage später ist der Krieg beendet und Ministerpräsident Levi Eshkol erklärt vor der Knesset in Jerusalem: “Die Bedrohung Jerusalems ist beseitigt. Auch die der Küstenebene oder die Orte im Norden. Oder die am Gaza-Streifen. Die Bedrohung des Negev und Galiläas ist beseitigt, die Armee kontrolliert die Sinai-Halbinsel bis zum Suez-Kanal. Sie kontrolliert das Westufer des Jordan und die Golan-Höhen. Die Passage durch die Meerenge von Turn und den Golf von Eilat ist frei. Jerusalem ist
vereint. Zum ersten Mal seit Gründung des Staates beten Juden an der Klagemauer."
Beginn einer Hinwendung zur Religion
Der Sechs-Tage-Krieg bringt ein Ende des von Nasser gepredigten Panarabismus und setzt den Beginn einer Hinwendung zur Religion: Im Islam hoffen manche die Stärke zu finden, die ihnen weder Nationalismus noch Kommunismus gegeben haben, erst recht nicht der Westen. Mancher Israeli hofft zunächst auf Frieden im Austausch für die besetzten Gebiete. Es soll Jahre dauern, bis Nassers Nachfolger Sadat Frieden schließt und dafür die Sinai-Halbinsel zurückerhält.
Noch länger dauert es, bis Jordanien seinen Anspruch auf die Westbank aufgibt und die Palästinenser mit Israel in Verhandlungen eintreten. Auch Syrien hat mit Israel inzwischen verhandelt, von einer Rückkehr auf den Golan und von einem Frieden ist es aber auch heute noch weit entfernt. Die Ereignisse der Intifada schließlich und die heftigen Machtkämpfe unter den Palästinensern sowie das harte israelische Vorgehen gegen die Palästinenser haben vorläufig auch im Gaza-Streifen und im Westjordanland jede Hoffnung zerstört, dass die nun 40-jährige Besatzung bald ihr Ende findet.
Und das, obwohl Israelis wie Palästinenser, ebenso die anderen Araber, spätestens seit jenem Juni 1967 verstanden haben, dass sie die Gegenseite nicht vernichten oder vertreiben können und dass man einander zwar nicht lieben, aber doch miteinander leben muss.