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"Zum Verzweifeln"

12. Januar 2014

In der Debatte über Sozialleistungen für arbeitslose EU-Ausländer nimmt die CSU die EU-Kommission ins Visier. Parteichef Seehofer und andere CSU-Größen sparen nicht mit scharfer Kritik, obwohl die EU schon zurückrudert.

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Horst Seehofer (Foto: Getty Images)
Horst SeehoferBild: Getty Images

"Beinahe jede Woche kommt diese EU-Kommission mit einem Vorschlag, der entweder Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet oder die Zustimmung der Bevölkerung zur europäischen Idee", sagte Horst Seehofer dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Es sei "zum Verzweifeln, wie wenig diese EU-Kommission die Lebensrealität der Menschen in Europa zur Kenntnis nimmt." Erbost zeigte sich auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die EU-Kommission wolle einen "Freifahrtschein in das deutsche soziale Sicherungssystem" ausstellen, so Scheuer. "Damit würden die Ticketautomaten in Bulgarien und Rumänien glühen."

Keine "bedingungslose Leistung"

Die EU-Kommission hatte in einem Rechtsgutachten Deutschland dafür kritisiert, dass es Sozialleistungen für neu zugewanderte Arbeitslose aus EU-Staaten pauschal ablehnt. Nötig seien konkrete Einzelfallprüfungen, so die Kommission. Eine Sprecherin hatte allerdings schon am Freitag in Brüssel erklärt, die Kommission dränge Berlin keineswegs zu einem leichteren Zugang von EU-Bürgern ins sogenannte "Hartz-IV"-System. Deutschland werde durch das EU-Recht nicht verpflichtet, an "wirtschaftlich inaktive" EU-Bürger Sozialleistungen während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts im Land zu zahlen. Am Montag will EU-Sozialkommissar Laszlo Andor in Brüssel Leitlinien zur Verhinderung von "Sozialtourismus" vorstellen.

Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz schließt eine kategorische Zahlung von "Hartz IV" für EU-Migranten aus. "Eine Verpflichtung zur bedingungslosen Leistung im Rahmen von Hartz IV für Migranten innerhalb der EU kann und wird von der EU-Kommission für Deutschland nicht zur Auflage gemacht werden", sagte der deutsche Sozialdemokrat. Die bestehenden sozialhilfe- und arbeitsmarktrechtlichen Voraussetzungen für Migranten innerhalb der EU lägen in den Händen der Mitgliedsstaaten.

Martin Schulz (Foto: picture alliance)
Martin SchulzBild: picture alliance/ROPI

Keine Ressentiments!

Schulz' Parteifreund Thomas Oppermann, SPD-Fraktionschef im Bundestag, warnte den konservativen Koalitionspartner nochmals davor, das Thema der sogenannten Armutsmigration für politische Zwecke zu missbrauchen. "Es ist falsch, Ressentiments zu schüren. Die Einwanderer kommen nicht als Betrüger zu uns."

Auch die Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Grünen, Katrin Göring-Eckardt, nahm die Kommission vor "überzogenen Angriffen" der CDU/CSU in Schutz. Die Union schüre Ängste und säe Misstrauen, statt Zuwanderung und Integration konstruktiv zu gestalten, sagte sie der "Welt am Sonntag".

wa/haz (afp, dpa, rtr)