Seligsprechung von Johannes Paul II. beginnt
28. Juni 2005Kardinalvikar Camillo Ruini eröffnet am Dienstag (28.7.2005) in der römischen Lateran-Basilika offiziell den Prozess "über das Leben, die Tugenden und den Ruf der Heiligkeit" des polnischen Papstes. Damit wird der Pontifex mit dem zweitlängsten Pontifikat der Kirchengeschichte zwar nicht sofort und auch nicht ohne den üblichen Prozess heilig gesprochen. Aber Benedikt XVI. hat das Verfahren erheblich verkürzt. Konnte bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) der Seligsprechungsprozess erst 25 Jahre nach dem Tod des Kandidaten beginnen, und müssen nach heutigen Regeln immerhin fünf Jahre verstreichen, hat Papst Benedikt XVI. diese Wartefrist radikal gekürzt. Schon bei Mutter Teresa verfuhr Johannes Paul II. ähnlich. Aber für die inzwischen selig gesprochene Nobelpreisträgerin betrug die "Wartezeit" ein Jahr, für Johannes Paul II. sind es gerade 87 Tage.
"Papa Ratzinger schlägt den Abkürzungsweg ein", schrieb am Montag die Zeitung "La Repubblica". Wenn das Verfahren zur Seligsprechung erst einmal eröffnet ist, dann werden zwei theologische Experten alle schriftlichen Veröffentlichungen von Johannes Paul auf ihre theologische Schlüssigkeit hin untersuchen. Gleichzeitig wird eine Historikerkommission die unveröffentlichten Dokumente wie Briefe und Aufzeichnungen sammeln, um sein Leben zu dokumentieren. Anschließend werden dann Zeugen befragt. Sollte ein Bericht über ein Wunder es rechtfertigen, dann wird geprüft, ob es auch andere, natürliche Erklärungen geben könnte.
Kommission legt Bericht vor
Wenn das ganze Material zusammengetragen wurde, übergibt die Diözese Rom dies der vatikanischen Kongregation für die Sache der Heiligen. Diese setzt dann eine theologische und religiöse Kommission ein, die den Fall prüft und dann einen Bericht für den Papst erstellt. Wenn der Vatikan bestätigt, dass ein Wunder geschehen ist, kann er selig gesprochen werden. Für eine Heiligsprechung ist ein zweites Wunder notwendig.
Das kann Jahre dauern, falls der amtierende Papst kein weiteres Schnell-Verfahren gewährt. Einen originellen Vorschlag hat Zeitungsberichten zufolge die italienische Kultur-Vereinigung "Tiberis Custos" bei Kardinal Ruini eingereicht. Man solle Johannes Paul II. doch als Märtyrer anerkennen - schließlich habe er beim Attentat von 1981 für den Glauben sein Blut vergossen. Für Märtyrer gilt der Wundernachweis nicht.
Mögliche Ausnahme
Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass Benedikt XVI. diesen Vorschlag aufgreift, scheint eine andere "Ausnahme" eher möglich. Nach der gegenwärtigen vatikanischen Praxis werden Seligsprechungsfeiern nicht vom Papst, sondern vom Präfekten der Seligsprechungskongregation vorgenommen. Für seinen Vorgänger könnte Benedikt XVI. eine Ausnahme machen.(mik)