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Seltene Erden aus Kasachstan

8. Februar 2012

Kasachstan ist Deutschlands drittgrößter Rohöllieferant. Nun wollen deutsche Unternehmen dem Land mit Technologie helfen. Im Gegenzug liefert Kasachstan begehrte Spezialmetalle.

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Bundeskanzlerin Merkel und Kasachstans Präsident Nasabajew
Mit deutscher Hilfe soll Kasachstan Industrieland werdenBild: Reuters

Deutschland ist einer der größten Rohstoffverbraucher weltweit. Statistisch gesehen verbraucht jeder Bundesbürger im Lauf seines Lebens rund 1000 Tonnen Rohstoffe. Während Kohle, Ton, Gips, Kies und Sand in Deutschland in ausreichendem Maß vorkommen, ist die Bundesrepublik bei wichtigen metallischen Rohstoffen wie Kupfer, Kobalt, Platin und den sogenannten Seltenen Erden, also Mineralien, die für Hochtechnologien gebraucht werden, komplett importabhängig. Laut der Deutschen Rohstoffagentur musste Deutschland 2010 für mehr als 109 Milliarden Euro Rohstoffe im Ausland einkaufen - Tendenz steigend. Denn das Angebot deckt die weltweit wachsende Nachfrage schon jetzt kaum mehr ab.

Besonders prekär ist die Lage bei den sogenannten Seltenen Erden, die bereits als "Öl der Zukunft" bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um insgesamt 17 Mineralien mit elektrischen und magnetischen Eigenschaften, die beispielsweise für den Bau von Solarmodulen, Handys, Lasergeräten oder Computerfestplatten gebraucht werden. 95 Prozent aller weltweit erschlossenen Vorkommen liegen in China, das den Export in den vergangenen zwei Jahren stark eingeschränkt hat. Seitdem haben sich die Seltenen Erden nicht nur extrem verteuert, die deutsche Industrie muss auch mit Lieferengpässen fertig werden.

Abbau seltener Erden in China
China hat ein Monopol bei seltenen ErdenBild: picture-alliance/dpa

Technologie gegen Rohstoffe

Abhilfe sollen Rohstoffpartnerschaften schaffen. Sie folgen einer einfachen Logik: Deutschland - und damit vor allem die deutsche Industrie - profitiert von der Gewinnung der Bodenschätze und stellt im Gegenzug deutsches Know-how zur Verfügung. Die erste deutsche Rohstoffpartnerschaft wurde im vergangenen Oktober mit der Mongolei unterzeichnet. Jetzt folgt Kasachstan. Das Land ist einer der Nachfolgestaaten der Sowjetunion, fast achtmal so groß wie Deutschland und hat mit rund 16 Millionen Einwohnern gerade einmal so viele Bewohner wie das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen. Wirtschaftlich lebt der zentralasiatische Staat vor allem von der Erdölförderung. Nach Russland und Großbritannien ist Kasachstan der drittgrößte Öllieferant Deutschlands.

Kasachstan ist aber auch reich an Uran, Eisenerz, Titan, Blei, Zink, Silber, Gold und Seltenen Erden. Daraus will Staatspräsident Nursultan Nasarbajew, der das Land seit 20 Jahren regiert, mehr Profit schlagen. Mit den Erträgen aus dem Abbau soll die Wirtschaft umgebaut und das Land industrialisiert werden. Die Rohstoffpartnerschaft mit Deutschland ist für den Kasachen daher ein großer Schritt vorwärts. Bei der Unterzeichnung der Verträge in Berlin sprach Nasarbajew von einem wirklichen Durchbruch in den deutsch-kasachischen Beziehungen. "Kommen sie, arbeiten sie bei uns an den Bodenschätzen, in der Chemie, an Seltenen Erden, Erdöl, Gas, in der Pharmazeutik und in der Metallurgie. Und wir bitten die deutsche Seite, nach Kasachstan deutsche Technologien und deutsche Maschinen zu bringen!"

Parlamentarische Wahlen in Kasachstan. Wahlplakate. Bild: DW-Korrespondent Anatolij Ivanow.
Demokratische Wahlen? Laut OSZE war das nicht der FallBild: Anatolij Ivanow/DW

Gute Geschäfte im Blick

Dieser Aufforderung kommt die deutsche Wirtschaft gerne nach. Im Zuge der Rohstoffpartnerschaft wurden in Berlin rund 50 Wirtschaftsvereinbarungen unterzeichnet, die nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ein Volumen von drei Milliarden Euro haben sollen. Vor allem große deutsche Konzerne wie Siemens, Linde, Lanxess und Thyssen-Krupp versprechen sich gute Geschäfte auch beim Aufbau der Infrastruktur. Schon jetzt gibt es in Kasachstan rund 1200 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung. Nach Berechnungen des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft nahm der deutsch-kasachische Handel im Jahr 2011 um 20 Prozent zu. Mit einem Volumen von rund 6,3 Milliarden Euro markierte er damit einen neuen Höchststand. Eckhard Cordes, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, nennt die Rohstoffpartnerschaft einen "Meilenstein". Es brauche solche Kooperationen, um die deutsche Wirtschaft vor Rohstoffengpässen zu schützen.

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Partnerschaft mit Kasachstan aber nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen politischen Aspekt. Deutsche Außenpolitik, so betont Merkel, sei immer wertegebunden. "Deshalb sprechen wir, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht, genauso auch über Menschenrechte und die Einhaltung von demokratischen Prinzipien." Bei ihrem Gespräch mit dem kasachischen Staatspräsidenten habe sie selbstverständlich auch über die laut OSZE nicht einwandfrei abgelaufenen Parlamentswahlen im Januar und die Ausschreitungen in der westkasachischen Stadt Shanaosen gesprochen, so die Kanzlerin. Dort hatten im Dezember Sicherheitskräfte auf streikende Ölarbeiter geschossen. Dabei sollen nach offiziellen Angaben siebzehn Menschen ums Leben gekommen sein. Sie habe den Präsidenten in seinem Ansinnen unterstützt, die Vorfälle aufzuklären, so Merkel.

Amirzhan Kosanov (L), a leader of the National Social Democratic Party, burning papers at a rally against the results of the January 15 parliamentary elections. (Photo ITAR-TASS/ Anatoly Ustinenko)
Die Opposition hat kaum Einfluss in KasachstanBild: picture alliance/dpa

Nasarbajew sagte in Berlin, die Staatsanwaltschaft habe eine Kommission eingerichtet und auch ausländische Experten eingeladen, um die Vorfälle ehrlich zu untersuchen. "Ich verspreche ihnen, dass diese Untersuchung stattfinden wird." Zum Thema Demokratie wolle er aber auch noch etwas sagen, so Nasarbajew nach seinem Treffen mit Merkel. 200 Jahre lang habe es in seinem Land weder eine liberale Politik noch freie Wahlen gegeben, weder im zaristischen Russland noch in der Sowjetunion. "Sie in Europa", so der 71-jährige Präsident an die Journalisten gewandt, "haben das bereits seit 100 Jahren und sie erwarten von uns, dass wir innerhalb von zehn Jahren so werden wie sie hier in Europa." Er sei der Meinung, dass das bisher Erreichte schon sehr viel sei. Es gebe drei Parteien, freie Wahlen und keine Zensur. "Für uns ist die Demokratie nicht der Anfang eines Weges sondern sein Ende und unser Glas ist zurzeit nur halb voll."

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Henrik Böhme