Senat lädt nach Comeys Entlassung Flynn vor
11. Mai 2017Der Geheimdienstausschuss des US-Senats hat den gefeuerten Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn per Vorladung aufgefordert, alle relevanten Dokumente vorzulegen, die für "die Untersuchungen der russischen Einflussnahme auf die Wahl 2016 relevant" sein könnten. Eine informelle Bitte des Ausschusses dazu habe Flynn Ende April abgelehnt, erklärten der republikanische Vorsitzende Richard Burr und der ranghöchste Demokrat des Gremiums, Mark Warner. Der Chef der demokratischen Minderheit im Senat, Chuck Schumer, forderte die Einsetzung eines Sonderermittlers. Auch Demonstranten vor dem Weißen Haus in Washington und in anderen US-Städten verlangten eine unabhängige Untersuchung.
Die Demokraten bekräftigten ihren Vorwurf, dass Comey gefeuert worden sei, um die Ermittlungen des FBI zu behindern. Comey habe die Abgeordneten vor kurzem darüber informiert, dass er vom Justizministerium mehr Personal für die Untersuchung des FBI beantragt habe, verlautete aus Kongress-Kreisen. Der Geheimdienstausschuss des Senats habe das FBI zuvor aufgefordert, bei den Russland-Ermittlungen Tempo zu machen. Auch die oberste Demokratin im Rechtsausschuss des Senats, Dianne Feinstein, sagte, ihres Wissens nach habe Comey beim Justizministerium mehr Ressourcen beantragt. Der Sprecher des Justizministeriums, Ian Prior, wies derartige Medienberichte als "total falsch" zurück.
Einflussnahme aus Russland?
Hintergrund der Ermittlungen sind Vorwürfe, Russland habe die US-Wahl zugunsten von Präsident Donald Trump beeinflusst. Er und die Regierung in Moskau weisen dies zurück. Trump hatte Flynn entlassen, nachdem dieser eingeräumt hatte, falsche Informationen über Kontakte zum russischen Botschafter geliefert zu haben. Anfang der Woche wurden neue Einzelheiten in dem Fall bekannt. Demnach soll die neue US-Regierung früher als bislang bekannt darüber informiert worden sein, dass Flynn ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte. Comeys plötzliche Entlassung verlieh den Ermittlungen neue Brisanz, da dieser ebenfalls eine russische Einflussnahme prüfte.
Der demokratische Senator Schumer appellierte an den republikanischen Mehrheitsführer Mitch McConnell, mit allen Senatoren zu sprechen, um eine Befragung von Justizminister Jeff Sessions in dem Fall vorzubereiten. "Wir wissen dass Direktor Comey Ermittlungen dazu führte, ob es Verbindungen zwischen den Russen und der Trump-Kampagne gab, was eine schwerwiegende Straftat wäre. Kam er dem Präsidenten mit diesen Ermittlungen zu nahe?" fragte Schumer.
Verteidigungslinie für Trump
Prominente Republikaner verteidigten Trumps Entscheidung, Comey zu feuern. McConnell warf den Demokraten vor, sie beklagten sich über die Entlassung eines FBI-Chefs, den sie selbst immer wieder scharf kritisiert hätten. Die Einsetzung eines Sonderermittlers würde bestehende Untersuchungen wie die im Geheimdienstausschuss des Senats behindern. Der oberste Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, sagte dem Fernsehsender Fox, der Präsident habe durchaus die Befugnis, Comey zu entlassen. Ein Sonderermittler sei unnötig. Ein solcher Ermittler müsste allerdings vom Justizministerium ernannt werden. Das Ministerium äußerte sich bisher nicht zur Forderung der Opposition.
Insidern zufolge war der Auslöser für Comeys plötzliche Entlassung seine Weigerung, eine Aussage vor dem Kongress vorab mit Trump zu besprechen. Solche Vorbesprechungen sind bei Kongressanhörungen üblich. Comey habe sich jedoch geweigert und "damit den Eindruck erweckt, er könne seine Pflichten nicht mehr erfüllen", hieß es. Allerdings sei Trump bereits seit Monaten über Comey verärgert gewesen.
Der Senat muss den neuen FBI-Chef bestätigen. Bislang hat Trump noch keinen Nachfolger benannt. Als Kandidaten gelten der jetzt amtierende FBI-Chef Andrew McCabe, Vize-Direktor Paul Abbate sowie die FBI-Agenten Michael Anderson aus Chicago und Adam Lee aus Virginia.
"Neue Dimension"?
Derweil sieht der Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, Jürgen Hardt, im Rauswurf Comeys eine neue Dimension der Politik von Präsident Trump. Hardt sagte im Südwestfunk: "Das Problem damit haben natürlich in erster Linie die amerikanischen Institutionen und die amerikanischen Bürger, dass im Weißen Haus gegenwärtig sprungartig entschieden wird und dass vielleicht auch widersprüchlich entschieden wird." Dass man mit der Entlassung Comeys in einer neuen Dimension angekommen sei, steht außer Frage. Seitens der deutschen Regierung bestehe „ein Interesse daran, dass Amerika zu einem professionellem Strukturieren politischer Arbeit zurückfindet." Die Administration in Washington befindet sich nach Ansicht Hardts immer noch nicht im „Normalmodus": Viele wichtige Regierungsposten seien noch unbesetzt. Viele republikanische Kongress-Abgeordnete gingen inzwischen auf Distanz zu Trump, weil sie um ihre Wiederwahl im nächsten Jahr fürchteten.
kle/uh (rtr, afp, dpa)