Haft für Ex-Polizeichef
24. Februar 2011Djordjevic ist als damaliger Polizeichef und stellvertretender Innenminister einer der vier Hauptverantwortlichen für die Vertreibung von schätzungsweise 800.000 und die Ermordung von hunderten Kosovo-Albanern im ersten Halbjahr 1999. Dies ist das zweite Urteil wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Kosovo-Albanern. Im Februar 2009 wurden bereits der stellvertretende jugoslawische Regierungschef Nikola Sainovic, der Generalstabschef der jugoslawischen Streitkräfte Nebojsa Pavkovic und der Stabschef der serbischen Kosovo-Polizei Sreten Lukic wegen der gleichen Anklagepunkte verurteilt.
Wichtiges Urteil
Die Vorsitzende des serbischen Helsinki-Komitees Sonja Biserko hält die Verurteilung der Täter wegen der Kriegsverbrechen an der albanischen Bevölkerung für sehr wichtig. Nur so könne man die gewalttätigen Ereignisse im Kosovo Ende der 1990er rekonstruieren. Biskeros Einschätzung nach kommt das Urteil zu einem günstigen Zeitpunkt.
Denn nach dem Bericht des Sondergesandten des Europarates Dick Marty über den Handel mit Organen serbischer und anderer nicht-albanischer Gefangener stelle sich Belgrad gerne als Opfer der Auseinandersetzungen im Kosovo zwischen 1998 und 1999 dar.
Das Urteil weise indes auf das Gegenteil hin, nämlich, dass zahlreiche Kosovo-Albaner Männer, Frauen und Kinder von den serbischen Kräften vertrieben oder gar ermordet worden sind. Biserko stellt nicht in Abrede, dass es wichtig sei zu klären, ob die Anschuldigungen im Bericht von Dick Marty der Wahrheit entsprechen. "Sie sind aber benutzt worden, um zu vertuschen, was in den 1990ern in Kosovo getan wurde", sagt Biserko.
Schuldfrage geklärt
Menschenrechtler Andrej Nosov ist auch der Meinung, dass das Urteil gegen Djordjevic von großer Bedeutung ist. Denn ein Punkt der Anklage ist auch, dass die Leichen der ermordeten Kosovo-Albaner nach Serbien geschafft und auf Polizei- oder Militärgeländen in Serbien begraben wurden, um so die Tat zu vertuschen. Durch das Urteil werde erneut bestätigt, wer für diese Massengräber in Serbien verantwortlich sei, meint Nosov.
Das Urteil macht zudem Versuche der Verteidigung von Djordjevic zunichte, nach denen es sich um Einzelfälle gehandelt haben soll. "Wenn man sich die Massivität der Verbrechen ansieht, dann kann man nicht mehr von vereinzelten Zwischenfällen sprechen. Wir sprechen hier von über 800.000 Menschen, die das Kosovo verlassen haben, und wir sprechen von über 700 Zivilisten, die in Massengräbern gefunden wurden, wofür Djordjevic auch konkret verurteilt wurde", erinnert Nosov.
Mit dem Urteil gegen Vlastimir Djordjevic ist Sonja Biserko zufolge die Aufarbeitung der jüngsten Geschichte noch nicht beendet. Täglich gebe es neue Details über neu entdeckte Massengräber nicht nur in Serbien, sondern auch in Bosnien-Herzegowina und Kroatien, wo die Kriege noch in der ersten Hälfte der 1990er tobten, sagt Biserko.
Einzelheiten über die Identität der sterblichen Überreste der Opfer aus den Massengräbern seien auch wichtig für die Hinterbliebenen, die nach nunmehr 12 Jahren wissen wollten, was mit ihren Angehörigen geschehen sei. "Es muss noch so einiges aufgeklärt werden. So auch die Frage nach dem Verbleib der Vermissten von beiden Seiten. Dies ist ein wichtiger Punkt für die künftigen Beziehungen und die Normalisierung der Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien", meint Biserko.
Autoren: Ivica Petrovic / Mirjana Dikic
Redaktion: Fabian Schmidt