Haiti hat gewählt
21. November 2016Rund 5,8 Millionen Menschen waren am Sonntag in Haiti aufgerufen, ihre Stimme abzugeben und über den künftigen Präsidenten zu entscheiden. Die Abstimmung sei ruhig verlaufen, sagte der Leiter der Beobachtungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Juan Raúl Ferreira. Es habe lediglich vereinzelte Zwischenfälle gegeben. "Das war ein erfolgreicher Wahltag", kommentierte auch Interimspräsident Jocelerme Privert.
Mindestens 14 Menschen wurden festgenommen und vier Fahrzeuge beschlagnahmt, wie der Leiter des Wahlamts, Léopold Berlanger, sagte. In Port Margot habe ein Mann versucht, ein Wahllokal in Brand zu stecken.
Auf dem Wahlzettel: 27 Namen
27 Kandidaten hatten sich zur Wahl gestellt. Die besten Chancen werden dem Mann zugeschrieben, der von Ex-Staatschef Michel Martelly ausgewählt wurde: Jovenel Moise. Außerdem zählen der Oppositionspolitiker Jude Célestin sowie Maryse Narcisse zu den Favoriten, die die Sprecherin des früheren Präsidenten Jean-Bertrand Aristide war. Wenn keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erhält, findet am 29. Januar ein zweiter Wahl-Durchgang statt.
Ursprünglich hatte die Präsidentschaftswahl im Oktober 2015 stattgefunden. Damals hatte Moise im ersten Wahlgang die meisten Stimmen geholt, Célestin wurde Zweiter. Die Abstimmung wurde aber nach massiven Protesten der Opposition und dem Bericht einer Prüfkommission über Unregelmäßigkeiten annulliert, die Stichwahl wurde abgesagt.
Der Senatspräsident übernahm
Martelly schied Anfang Februar aus dem Amt, Senatspräsident Privert übernahm vorübergehend seinen Posten. Zuletzt wurde ein für den 9. Oktober geplanter Wahltermin abgesagt, weil weite Teile des Landes wenige Tage zuvor vom Hurrikan "Matthew" verwüstet worden waren.
Haiti leidet unter bitterer Armut, Gewalt und Korruption. Seit dem schweren Erdbeben 2010 ist das Land von internationaler Entwicklungshilfe abhängig. Drei Viertel der Bevölkerung leben von weniger als zwei Dollar am Tag. Die Menschen in Haiti haben also andere Sorgen, als sich politischen Debatten zu widmen. Vielleicht ist das der Grund, warum wirkliche programmatische Unterschiede zwischen den politischen Gruppen nur schwer auszumachen sind. Beobachter sprechen eher von Wahlvereinen für einzelne Politiker. "Sie repräsentieren eigentlich niemanden außer sich selbst", sagte der Direktor des Haiti Democracy Project, James Morrell.
ml/as (dpa, afp)