Jung, umweltbewusst und populistisch?
15. Oktober 2019"Eine Generation meldet sich zu Wort" - zu diesem Schluss kommt die 18. aktuelleShell-Jugendstudie . Sie hat die Einstellungen und Sorgen von 2.572 Jugendlichen zwischen 12 und 25 Jahren untersucht. Umweltschutz spielt dabei eine zentrale Rolle, wie die Schüler und Schülerinnen der "Fridays for Future"-Bewegungzeigen, die jeden Freitag für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen.
"Es tut sich etwas. Die Jugendlichen artikulieren ihre Interessen, nicht nur untereinander, sondern gegenüber Politik und Gesellschaft", betont der Leiter der Studie, Mathias Albert bei der Vorstellung der Ergebnisse am Dienstag.
Das politische Engagement der jungen Generation geht laut Studie oft mit einem hohem Bildungsgrad und Wohlstand einher. "Diejenigen, die sich engagieren, tun dies oft aus einem wohlbehüteten Wohlstandsnest", betonte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Man müsse auch auf diejenigen achten, die ganz andere Sorgen haben, als sich zu engagieren, diejenigen, die "nicht auf der Sonnenseite stehen", so Giffey. "Bei aller politischer Beteiligung, es ist wichtig, dass die soziale Schere nicht auseinander geht, gerade für die, die sich abgehängt fühlen, müssen wir mehr tun" meint die Ministerin.
Wenig Vertrauen in Politiker
Die Studie offenbart einen Widerspruch: So sei zwar das Vertrauen in die Demokratie groß, aber das Vertrauen in die Politiker und Politikerinnen gering. 71 Prozent der Jugendlichen glauben demnach nicht, dass die Regierung sich für ihre Belange interessiert. Parteien liegen, was das Vertrauen angeht, noch hinter der Polizei, Gewerkschaften und Umweltorganisationen.
"Das ist ein Auftrag, den uns die Studie gibt", resümiert Franziska Giffey. "In Deutschland gibt es knapp 14 Millionen Jugendliche - sie sind also klar in der Unterzahl, wenn es um demokratische Entscheidungen geht. Wir müssen uns überlegen, wie wir sie stärker beteiligen können". Sie plädiere deswegen für die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Anfällig für Populismus
Ein anderes Problem, das die Studie aufzeigt: Rund neun Prozent der befragten Jugendlichen seien anfällig für Populismus. "Und sogar ein Drittel der Jugendlichen neigt populistischen Parolen zu, das ist viel", sagt Giffey. So gaben 68 Prozent der Befragten an, dass die Aussage "In Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden", voll und ganz oder eher stimme. Giffey zieht daraus vor allem Schlussfolgerungen für den Schulunterricht: "Politische Bildung sollte in der Schule eine größere Rolle spielen", sagt sie.
Topthema Umweltverschmutzung
Am meisten sorgen sich die befragten Jugendlichen um die Umwelt. Die Themen Umweltschutz und Klimawandel haben für die Jugendlichen in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. War in der letzten Studie noch die größte Angst der Jugendlichen die Furcht vor Terroranschlägen, ist es jetzt die Angst vor Umweltverschmutzung. 71 Prozent der Befragten finden ein umweltbewusstes Leben wichtig, 2002 waren es 60 Prozent.
Hoch im Kurs steht auch die Familie. So sei für die Jugendlichen auf der einen Seite eine gute Beziehung zu den eigenen Eltern enorm wichtig. Auf der anderen Seite wünschen sich die Befragten für ihre Zukunft eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Giffey zeigte sich überrascht davon, dass sich junge Menschen bei der Familienplanung "auf den Weg einer Retraditionalisierung" machten. Denn die Mehrheit der Befragten möchte, dass die Frau diejenige ist, die beruflich zurücktritt. Gleichzeitig wünschen sich trotzdem viele junge Männer eine Rolle als aktiver Vater.
Seit 1953 beauftragt der Mineralölkonzern Shell Wissenschaftler und Institute im Abstand von vier Jahren damit, die Einstellungen Jugendlicher in Deutschland zu dokumentieren. Die Studie ist in Deutschland mittlerweile zu einem wichtigen Parameter der Bedürfnisse und Meinungen Jugendlicher geworden.