Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland schnellt nach oben
14. April 2021Laut Angaben des Robert-Koch-Institut (RKI) stieg die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage bundeweit auf 153,2. Ähnlich hoch hatte sie zuletzt Mitte Januar (155 am 13. Januar) während der zweiten Welle gelegen. Demnach meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland binnen eines Tages 21.693 Corona-Neuinfektionen und 342 neue Todesfälle im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 9677 Neuinfektionen und 298 Todesfälle verzeichnet.
Drosten: Bundesweite Corona-Notbremse nicht ausreichend
Die Beurteilung des Infektionsgeschehens ist jedoch aufgrund der zurückliegenden Ferien und der Osterfeiertage noch immer schwierig. "Wir müssen wahrscheinlich bis Ende dieser Woche warten, um wieder realistische Zahlen zu sehen", sagte der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité im Podcast "Coronavirus-Update" bei NDR-Info. Er befürchte, dass man dann wieder in einem Bereich zwischen 20.000 und 30.000 täglich gemeldeten Neuinfektionen landen werde.
Die vom Bundeskabinett beschlossene bundesweite Corona-Notbremse hält er daher für nicht ausreichend, um die Situation zu entschärfen - insbesondere auf den Intensivstationen. "Ich denke, dass man anhand der sich jetzt einstellenden Situation in den Krankenhäusern auch noch mal anders reagieren muss", sagte Drosten. Dies müsse sicherlich in "allernächster Zeit" geschehen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) erwartet, dass der bisherige Höchststand von etwa 6000 Covid-19-Intensivpatienten noch im April wieder erreicht wird.
Marburger Bund warnt vor weiteren Verzögerungen
Bislang steht allerdings noch nicht einmal fest, wann die Änderung des Infektionsschutzgesetzes und damit die sogenannte Corona-Notbremse in Kraft treten kann. Vorgesehen sind unter anderem bundeseinheitliche Ausgangsbeschränkungen und Schließung von Geschäften und Einrichtungen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100. Erst kommende Woche sollen die Neuerungen vom Parlament beschlossen werden und dann den Bundesrat passieren - trotz deutlicher Kritik einiger Länder und der Opposition im Bundestag.
Angesichts der Verzögerungen bei der Verabschiedung der bundeseinheitlichen Notbremse warnte die Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna, vor möglichen Folgen. "Die Notbremse kommt ohnehin spät. Aber wenn wir noch länger warten, droht eine Überlastung der Intensivstationen. Dann kann eine Triage nötig werden", sagte Johna dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). Bei einer Triage entscheidet das medizinische Personal, wer aufgrund von mangelnden Kapazitäten eine lebensrettende Behandlung erhält und wer nicht.
Dänemark verzichtet auf AstraZeneca
Dänemark kündigte derweil den dauerhaften Verzicht auf den Einsatz des Impfstoffes von AstraZeneca an. Die Impfkampagne werde ohne das Präparat des britisch-schwedischen Unternehmens fortgesetzt, gab der Direktor der dänischen Gesundheitsverwaltung, Søren Brostrøm, auf einer Pressekonferenz in Kopenhagen bekannt.
Hintergrund sind Berichte über einen etwaigen Zusammenhang zwischen dem Mittel und sehr seltenen Thrombosen. Dänemark hatte bereits im März als erstes Land die Verwendung von AstraZeneca ausgesetzt. Dort wird gegenwärtig auch nicht mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson geimpft, ebenfalls wegen Berichten über ein Auftreten von seltenen Thrombosen auch bei diesem Mittel.
Türkei verschärft zum Ramadan-Beginn Einschränkungen
In der Türkei hat die Regierung angesichts rasant zunehmender Corona-Neuansteckungen bereits reagiert und die Corona-Beschränkungen während des Fastenmonats Ramadan verschärft. Die nächtliche Ausgangssperre beginne nun zwei Stunden früher um 19.00 Uhr, erklärte Präsident Recep Tayyip Erdogan nach einer Kabinettssitzung. Zudem würden Beschränkungen für Reisen zwischen Provinzen erlassen.
Restaurants und Cafés, die vergangenen Monat teilweise wieder öffnen durften, müssten schließen. Für weite Teile des Landes gelten zudem Wochenend-Lockdowns. Öffentliche Verkehrsmittel dürfen nur noch von Menschen über 65 und unter 20 Jahren genutzt werden. Sportstätten müssten während des Ramadan schließen. Auch Hochzeiten und andere Veranstaltungen in geschlossenen Räumen seien verboten.
Das türkische Gesundheitsministerium meldete derweil 59.187 Neuinfektionen an einem Tag - das ist der höchste Stand seit Beginn der Pandemie. In dem Land mit rund 84 Millionen Einwohnern ist vor allem die Metropole Istanbul stark betroffen. Dort wurden in der vergangenen Woche rund 800 Fälle pro 100.000 Einwohner gemeldet, wie das Ministerium mitteilte. Die Sieben-Tage-Inzidenz in der Hauptstadt Ankara liegt demnach bei rund 420 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Die Bundesregierung stuft die Türkei inzwischen als Corona-Hochinzidenzgebiet ein.
Neuer weltweiter Höchstwert bei Neuansteckungen in Indien
Auch in Indien steigen die Corona-Fallzahlen dramatisch. Schon jetzt weist Indien nach den USA die höchste Infektionszahl weltweit auf. Und seit Tagen meldet das Gesundheitsministerium täglich mehr als 100.000 Neuinfektionen. Mit 184.372 bestätigten Neuansteckungen binnen 24 Stunden erreichte das asiatische Land am Mittwoch erneut einen weltweiten Höchstwert.
Damit haben sich nun rund 13,9 Millionen Menschen nachweislich mit dem Virus angesteckt, wie das Gesundheitsministerium mitteilt. 1027 weitere Menschen starben mit oder an dem Virus, insgesamt sind es damit 172.085. Die Dunkelziffer dürfte Experten zufolge in dem Land mit seinen 1,35 Milliarden Einwohnern aber deutlich höher liegen. Aus besonders betroffenen Regionen gibt es Berichte, wonach in Krankenhäusern die Betten knapp werden und einige Impfzentren schließen mussten, weil ihnen der Impfstoff ausgegangen war.
Während dieser Tage im Rahmen des Kumbh Mela, des größten religiösen Festes der Welt, Hunderttausende Hindus im heiligen Fluss Ganges baden, oft ohne Masken und Abstand, hat die Regierung des reichsten und stark betroffenen Bundesstaat Maharastra eine strikten 15-tägigen Lockdown verhängt. "Alle Fabriken und Industrien", mit Ausnahme einiger exportorientierter Einheiten und derjenigen, die für wesentliche Dienstleistungen benötigt werden, müssen ihren Betrieb einstellen, teilte die Regierung mit. Auch Versammlungen von mehr als fünf Leuten sind dort verboten. Bereits seit vergangener Woche sind Restaurants, Bars, Fitnessstudios, Theater und nicht lebensnotwendige Geschäfte geschlossen.
ww/ust (dpa, afp, rtr)