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Sierens China: Allein im All

Frank Sieren25. August 2016

Weltraum für alle? China macht immer mehr auf Alleingang. Schon in vier Jahren soll es eine unbemannte Expedition zum Mars geben. Das Ziel scheint immer realistischer, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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China bereitet sich auf eine Mars Mission vor (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/China Daily

Keine Woche ist es her, dass die Chinesen weltweit für Aufregung gesorgt haben, nachdem bekannt wurde, dass sie versuchen, Daten abhörsicher über Satelliten zu versenden. Geschafft werden soll das mit Photonen, deren Teilchenpaare die klassischen physikalischen Gesetze übersteigen, weil sie auch über weite Strecken eine starke Wechselbeziehung eingehen können. Die Mission XD-2-Quantum Experiments at Space Scale (QUESS) soll dies beweisen. Dafür hat China Mitte dieses Monats eine Rakete mit einem Satelliten in den Weltraum geschickt. Wenn das gelingt, hätten die chinesischen Physiker in der Quantenphysik innerhalb eines Jahrzehnts einen gewaltigen Sprung gegenüber den bisher führenden Ländern geschafft. Doch das reicht China nicht.

Die neueste Ankündigung aus Peking zeigt den Ehrgeiz, den die Chinesen haben, um führend in der Weltraumforschung zu werden. Bis 2020 schon will China eine unbemannte Expedition zum Mars starten. Um der Welt zu zeigen, dass dies nicht nur Träumereien sind, hat die chinesische Weltraumbehörde jetzt einen sechsrädrigen Rover mit Ladefahrzeug für die geplante Mission vorgestellt. Das ferngesteuerte Fahrzeug soll nach Leben auf dem Mars suchen, indem es Bodenproben sammelt und gleichzeitig nach Wasser forscht. Für das 200 Kilogramm schwere Gefährt suchen die Chinesen noch den passenden Namen und haben daher einen Aufruf an die Bevölkerung gestartet. Die chinesische Bevölkerung soll vor allem mitbekommen, wie weit die eigenen Wissenschaftler gegenüber den ausländischen aufgeholt haben.

Frank Sieren (Foto: DW)
DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.Bild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Milliardengelder für die Forschung

Dahinter steckt auch die Botschaft an die junge Generation, dass es für Forschung vor allem in China eine Zukunft gibt. Nicht nur fließen die Gelder hier viel großzügiger. Auch die Entscheidungen, dass es Milliarden für die Forschung in diesem Bereich gibt, werden viel schneller und unkomplizierter getroffen. Im Plan der Chinesen folgt jetzt ein Höhepunkt nach dem anderen: Bereits im Herbst soll die Rakete "Spätsommer" das Raumlabor "Tiangong-2" (Himmelspalast) ins All befördern. Zwei Astronauten sollen kurze Zeit später folgen. Im nächsten Jahr wird dann mit Hilfe der Rakete "Langer Marsch 7" das erste chinesische Frachtschiff "Tianzhou-1" (Himmelsschiff) an "Tiangong-2" ankoppeln. In zwei Jahren will China mit dem Bau seiner ersten voll ausgestatteten Raumstation beginnen.

Das Kernmodul "Tianhe-1" (Himmlische Harmonie) soll 2018 mit einer "Langer Marsch 7" ins All geschossen werden. Sollte die Internationale Raumstation (ISS) wie vorgesehen 2024 ihren Dienst einstellen, wäre China dann die einzige Nation mit einem permanenten Außenposten im All. Von der Erde aus sucht China schon länger nach Leben im All. Und bald besitzt das Land den größten Radioteleskopen der Welt. Anfang Juli wurde in der südwestchinesischen Provinz Guizhou das letzte Teilstück in die 500 Meter messende Schüssel eingesetzt. Das Observatorium namens FAST soll in wenigen Jahren Wissenschaftlern aus aller Welt zur Verfügung stehen. Das FAST ähnelt baulich dem berühmten Arecibo-Observatorium auf Puerto Rico ist aber deutlich größer als das 300 Meter messende Vorbild in den USA. Es wird nach der Inbetriebnahme noch zwei oder drei Jahre lang kalibriert, bevor es für Wissenschaftler in aller Welt geöffnet wird.

Suche nach Leben im All

Der Bau der riesigen Anlage hat insgesamt fünf Jahre gedauert und 180 Millionen US-Dollar gekostet. 9.000 Menschen mussten umgesiedelt werden, damit das Teleskop in Betrieb genommen wird, da es sonst zu Störungen durch elektrische Geräte kommen kann. Das Teleskop soll zur Erforschung von Gravitationswellen beitragen aber tatsächlich auch nach Signalen von außerirdischem Leben im All suchen. Im ersten Schritt wird es noch nicht darum gehen, die Signale zu verstehen. Stattdessen sollen die Forscher entschlüsseln, ob es sich um natürliche Phänomene handelt oder tatsächlich um Spuren außerirdischen Lebens. Das ist schon schwierig genug. Es geht ja darum, Radiosignale aus der Milchstraße sowie den 100 nächstgelegenen Galaxien auszuwerten.

Während die USA ihre Mittel für derartige Projekte in den vergangenen Jahren zurückgefahren haben, stellt sich China nun mit seinem FAST-Teleskop auf einen Spitzenplatz bei der Alien-Forschung. Und auch Russland mischt mit: Die Frage, ob wir allein im Universum sind oder es noch weiteres Leben gibt, treibt auch den russischen Milliardär Jurij Milner um, der vergangenes Jahr 100 Millionen US-Dollar für die Forschung zur Verfügung stellte. Mit dem Geld soll ein von Milner persönlich ausgewähltes Team zehn Jahre lang das Universum abhören. Einen Großteil ihrer Zeit werden die Forscher nun wohl in Guizhou verbringen - und nicht in den USA.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.