Sind fast alle Diesel-PKW manipuliert?
12. August 2016Die Ergebnisse von 86 untersuchten Dieselfahrzeugen sind erschreckend und alarmierend. Nach dem VW-Abgas-Skandal ließ die französische Umweltbehörde von einer unabhängigen Experten-Kommission Diesel-PkW testen, die im Frankreich am meisten verkauft werden.
In den Labor- und Straßentests stellte die Kommission bei einem sehr großen Teil der untersuchten Fahrzeuge viel höhere Emissionen von gesundheitsgefährdenden Stickoxiden (NOx) fest, als nach geltenden Normen erlaubt sind und von den Herstellern angegeben werden.
Bei den leicht veränderten Testbedingungen im Labor und bei den Tests auf der Straße schafften nur vier der 86 Dieselfahrzeuge die gesetzlichen Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxid einzuhalten. 82 Diesel-PKW überschritten die festgelegten Grenzwerte der Euro-5-Norm von 180 Milligramm pro Kilometer (mg/km) und der Euro-6-Norm (80 mg/km). Viele Fahrzeuge pusteten im Straßentest das Atemgift NOx sogar in einer fünffach höheren Konzentration aus als erlaubt.
Mehr CO2 und Sprit als von den Herstellern angegeben
Laut dem Untersuchungsbericht sind auch die Herstellerangaben zu CO2 und zum Spritverbrauch geschönt. Bei dem Straßentest stellten die Prüfer fest, dass bei drei Viertel der getesteten Fahrzeuge die CO2-Emissionen und der damit verbundene Spritverbrauch 20 bis 50 Prozent höher liegen als von den Herstellern angegeben. Auch bei den Nachtests im Labor schaffte keine einziges Fahrzeug die angegeben Werte zu Spritverbrauch und Emissionen auch einzuhalten.
Abschalteinrichtungen auch bei anderen Herstellern?
Der VW-Konzern hat den Einsatz von illegalen Abschalteinrichtungen bei bestimmten Dieselmotoren bereits eingeräumt. Die spezielle Motorsoftware bewirkt, dass zwar unter den genormten Testbedingungen in den Prüflaboren die Abgasreinigung funktioniert und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, im Fahrbetrieb auf der Straße aber nicht.
Unabhängige Straßentests von Umweltorganisationen, Behörden und Medien wiesen Abschaltvorrichtungen inzwischen auch bei Diesel-PKW von anderen Herstellern nach. Die Hersteller bezeichnen die Abschaltvorrichtungen im Realbetreib jedoch als Motorenschutz und sagen dies wäre rechtlich legal. Diese Einschätzung teilen die französischen Experten in ihrem Bericht jedoch nicht. "Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Kommission nicht mit Sicherheit ausschließen, dass illegale Abschalteinrichtungen eingesetzt werden," heißt es in dem Bericht.
Starke Auffälligkeiten bei Nachtests und stark erhöhte NOx-Werte von Diesel-PKW zahlreicher Autohersteller hatte im Frühjahr auch schon der Bericht der Untersuchungskommission im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums festgestellt.
Saubere PKW nicht nur auf dem Papier
Nach Ansicht der französischen Experten müssen die Autohersteller und Politiker vieles ändern. Die meisten Hersteller hätten Ihre Fahrzeuge bisher nur so optimiert, dass diese die Testbedingungen im Labor einhielten, es aber weitgehend ignoriert, dass diese Fahrzeuge mit ihren "Emissionen die Luftqualität in der Nähe der Hauptstraßen schädigen", so der Bericht.
Die Experten äußern den Wunsch, dass diese Luftverschmutzung nicht länger andauert. Die sozialen Folgekosten müssten betrachtet werden und die Politik solle alle notwendigen Schritte einleiten, damit die Fahrzeuge im Realbetreib auch die Grenzwerte einhalten.
Hier müsste die Politik Gesetzeslücken schließen, wirksame Kontrollen aufbauen und auch sicherstellen, dass die Fahrzeuge die Emissionswerte während der gesamten Lebensdauer eines Fahrzeugs einhalten. Zudem sollten Autokäufer jetzt schnell reale Werte über den Verbrauch und die Emissionen erhalten.
Die Experten halten ein Umdenken in Industrie und Politik für erforderlich. "Der Kampf gegen die Luftverschmutzung und gegen den Klimawandel verlangt so viel Priorität wie die Sicherheit des Fahrzeugmotors", heißt es im Fazit.