Sloweniens Tourismus im Melania-Rausch
9. Januar 2017Einen prominenten Platz in allen Reisebroschüren nimmt seit einiger Zeit Sevnica ein: In dem bislang weitgehend unbekannten Ort östlich von der Hauptstadt Ljubljana wuchs Melanija Knavs auf, bevor sie Model wurde und 2005 den Immobilienmilliardär Trump heiratete.
Zwar gibt es nur wenige Erinnerungsorte - ihre Schule und das Gebäude, in dem sie als Kind wohnte - doch findige Geschäftsleute machen durch Fantasie den Mangel wett. Die Bäckerei "Julija" etwa bietet eine luxuriöse Torte aus weißer Schokolade mit Goldverzierung namens "Melania" an, Restaurants haben auf ihrer Karte ein "Melania"-Menü mit frischer Forelle als Hauptgang, ein Pfannkuchenhaus nennt seine goldgesprenkelte Spezialität "Crêpe Melania". Das örtliche Reisebüro Muranica plant ab März sogar eine "Melania-Tour" mit Führungen in Sevnica, in Ljubljana und sogar in der italienischen Metropole Mailand, wo die inzwischen 46-Jährige vor Jahrzehnten ihren Durchbruch als Model feierte.Auf gute Geschäfte hofft auch der örtliche Schuhfabrikant Kopitarna Sevnica mit pelzverbrämten Filzpantoffeln namens "Weißes Haus". Er verlangt 50 Euro für ein Paar der in limitierter Auflage hergestellten Puschen. "Wir haben der künftigen First Lady welche geschickt und hoffen, sie werden ihre Füße im Winter wärmen", sagt Fabrik-Sprecherin Mateja Reseta. Von dem Geschenk waren Trump und seine Frau offenbar nur eingeschränkt begeistert. Angesichts der Gefahr, dass der Markt bald mit Tellern, Tassen, T-Shirts und anderen seltsamen Souvenirs mit ihren Konterfeis überschwemmt wird, beauftragten sie eine slowenische Rechtsanwaltskanzlei, jede ungenehmigte Vermarktung zu stoppen.Allein die Drohung genügte: In vorauseilendem Gehorsam entfernte der Gemeinderat von Sevnica ein riesiges Werbeplakat mit Melanias Bild, und ein Honigproduzent nahm seine Gläser mit Honig aus "Melanias heimischem Garten" aus den Regalen. Die Pizzeria Rondo ersetzte ihren "Trump"-Burger durch einen "Präsidenten"-Burger mit US-Flagge als Spießchen. Das "Melania"-Dessert, eine Mascarpone-Erdbeercreme im Glas mit weißer Papierspitze als Deckel, bleibt aber unverändert auf der Menükarte. "Bisher mussten wir noch nicht einschreiten", freut sich Natasa Pirc Musar von der slowenischen Anwaltskanzlei. "Ich vertraue auf den gesunden Menschenverstand meiner Landsleute".
Die Hoffnungen der slowenischen Tourismusbranche sind eh nicht zu bremsen: Das Interesse an ihrem gerade mal zwei Millionen Einwohner zählenden Land sei bereits spürbar gestiegen, seit Trump 2015 seine Präsidentschaftsbewerbung bekanntgab, sagt Livija Kovac vom Fremdenverkehrsamt. Nach ihren Angaben kamen zwischen Januar und Oktober elf Prozent mehr US-Touristen in die ehemalige jugoslawische Teilrepublik - insgesamt dürften es 2016 über 80.000 gewesen sein.
Den slowenischen Kolumnisten Dejan Steinbruch bringt dieser kommerzielle Eifer zum Lächeln. Die Mehrheit seiner Landsleute sind die Wurzeln der baldigen First Lady ziemlich schnuppe, versichert er: "Sie glauben, Melania ging in die USA, weil sie genug hatte von Slowenien", schrieb er kürzlich in der kroatischen Zeitung "Vecernji List". Seitdem habe sie wenig für ihre ehemalige Heimat getan, selbst ihre Eltern leben inzwischen vorwiegend in den USA.
isi/ks (afp)