Smartphones für Indiens arme Bevölkerung
8. Juli 2016Ganz reibungslos war die Markteinführung des billigsten Smartphones der Welt nicht. Im Februar kündigte die indische Start-up Firma "Ringing Bells" das Smartphone "Freedom 251" für vier US-Dollar an, das sind umgerechnet 3,36 Euro. Über 70 Millionen Menschen registrierten sich auf der Webseite, die wenig später zusammenbrach. Viele Kunden haben online eine Anzahlung gemacht. Die Firma musste dieses Geld allerdings zurückzahlen, als erste Zweifel am Geschäftsmodell aufkamen.
Kurze Zeit später ging das Vier-Dollar-Smartphone-Fiasko weiter. Auf einer Pressekonferenz präsentierte der Hersteller einen Prototyp, wie Ringing Bells sagte. Später kursierten im Netz Fotos von Journalisten, die mit ihren Fingernägeln Korrekturfolie vom Smartphone abkratzen. Es handelte sich bei dem sogenannten Prototyp um ein chinesisches Handy, das bereits für einen deutlich höheren Preis auf dem Markt war.
Zweifel begleiten die Markteinführung
Ashok Chadha, Präsident der Firma Ringing Bells, versucht im Interview mit der Deutschen Welle, eine plausible Erklärung zu finden: "Das waren damals wirklich nur Prototypen gewesen. Als Nächstes werden wir die Handys vorstellen, die wir wirklich produzieren."
So kam es auch. Nach eigenen Angaben hat Ringing Bells am Freitag mit der Auslieferung angefangen. Die Korrespondentin der Deutschen Welle in Neu-Delhi gehört zu den ersten Nutzern von Freedom 251.
Das Smartphone fühlt sich leicht in der Hand an. Die Knöpfe an der Seite sind aus Plastik. Das Handy hat zwei Kameras. Die hintere hat eine Auflösung von 3.2 Megapixeln, und die vordere von 0.3 Megapixeln. Der Speicher ist in der Standardausstattung 8 GB groß und gegen Zuschlag auf 32 GB erweiterbar. Auf diesem Handy läuft das Betriebssystem Android 5.1. Lollipop.
Und das alles für vier Dollar. Zum Vergleich: ein BigMac des amerikanischen Schnellrestaurants McDonalds kostet in Indien 1,90 Dollar. Oder man könnte für vier Dollar auf einem freien Markt 60 Bananen kaufen.
Mysteriöses Geschäftsmodell
"Selbst wenn man sehr günstige Materialien nimmt, kommt man immer noch auf mindestens 35 Dollar Materialkosten", sagt Pankaj Mohindroo, Präsident der Indischen Vereinigung für Mobile Telekommunikation, "so wie das Geschäftsmodell präsentiert wird, ist es nicht sehr glaubwürdig.“
Die indische Firma Ringing Bells gibt auch zu, dass der günstige Verkaufspreis nicht einmal die Produktionskosten decke. Der Verlust werde jedoch teilweise über vorinstallierte Anwendungen auf dem Smartphone aufgefangen, für die Softwareentwickler bezahlen. Ringing Bells suche noch weitere Auswege, um die Produktionskosten zu decken, so Firmenchef Chadha. "Wir haben die indische Regierung um Unterstützung gebeten, damit wir unser Ziel erreichen können und ganz Indien mit Smartphones ausrüsten können." Allerdings bleibt die Förderungszusage noch aus.
Derzeit macht der Hersteller nach eigenen Angaben mit jedem verkauften Handy einen Verlust bis zu 3,60 Euro. Eine Strategie, die sich trotzdem auszahlen könnte, denn bei der Markteinführung des billigsten Smartphones stellt die Firma gleichzeitig auch noch einen günstigen LED-Fernseher und sechs weitere Mobiltelefone vor. Die weltweite Aufmerksamkeit für das Vier-Dollar-Smartphone ist gleichzeitig auch ein gutes Marketing für andere Produkte.
Riesenmarkt für Smartphones
Bisher besitzen in Indien nur 18 Prozent vom Milliardenvolk ein Smartphone. Durchschnittlich kostet dort ein einfaches Modell rund 100 Euro. Obwohl das Vier-Dollar-Smartphone nach einer echten Revolution klinge, habe es seit seiner Ankündigung im Februar die Verkaufszahlen der anderen Telefonanbieter auf dem indischen Markt nicht beeinträchtigt, erklärt Branchenkenner Mohindroo. Für ihn ist Indien weltweit ein Markt für Smartphones mit dem größten Wachstumspotenzial.
Billige Smartphones für die indischen Massen? Der Hersteller will der großen Nachfrage gerecht werden. Am Freitag sollen zunächst einmal 5000 Mobiltelefone ausgeliefert werden, über die kommenden Monate weitere 200.000.