Snowden erhält Whistleblower-Preis
24. Juli 2013Der diesjährige Whistleblowerpreis geht an Edward Snowden: Der ehemalige US-Geheimdienstler habe ein "politisches Erdbeben ausgelöst", sagte Otto Jäckel stellvertretend für das Auswahlkommittee, vor Journalisten am Mittwoch in Berlin. Vor seinen Offenbarungen über das umfangreiche Spähprogramm des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA, "wussten wir nichts von Prism, Tempora und Xkeyscore." Erst jetzt könne sich die Öffentlichkeit das Ausmaß der Überwachung und Ausspähung durch amerikanische Geheimdienste überhaupt vorstellen. Deshalb, erklärte Jäckel, Vorsitzende der Deutschen Sektion von IALANA, einer Vereinigung von Juristen gegen Atomwaffen, gehöre Snowden nicht ins Gefängnis - "sondern ihm gehört ein Preis verliehen."
Der Whistleblowerpreis wird seit 1999 alle zwei Jahre verliehen an "mutige Menschen, die Missstände offenbart haben und deshalb leiden müssen". So definiert es Harmut Grassl von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), die gemeinsam mit IALANA den mit 3.000 Euro dotierten Preis vergibt. Damit sollen Menschen gewürdigt werden, die etwa Korruption oder Verbrechen in Unternehmen oder Behörden aufdecken. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem Alexander Nikitin, ein ehemaliger Kaptiän der sowjetischen Marine, der die unzureichende Sicherheit der russischen Atomflotte publik machte, oder aber die deutsche Krankenpflegerin Brigitte Heinisch, die die schlechten Bedingungen in Pflegeeinrichtungen anprangerte.
Würdigung von "Zivilcourage"
Menschen also, die durch ihre Taten "Zivilcourage" gezeigt hätten, so Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International. Die Anti-Korruptionsorganisation ist in diesem Jahr zum ersten Mal an der Preisvergabe beteiligt. Sie hoffe, dass der Preis Snowden Schutz vor weiterer Verfolgung verleihen könne, so Müller. Die USA wirft Snowden Geheimnisverrat vor und fordert von Moskau die Auslieferung des IT-Experten. Dieser hält sich seit dem 23. Juni im Transitbereich des Moskauer Flughafens auf, nachdem die amerikanischen Behörden ihm seinen Pass entzogen haben.
Die Anklage sei "vorgeschoben", so Jäckel von IALANA. Snowden habe werde der Spionage bezichtigt, obwohl er die illegalen Spionagetätigkeiten der Geheimdienste offenbart habe. Er forderte deshalb von der Bundesregierung, dem Whistleblower Asyl zu gewähren und ihn in ein Zeugenschutzprogramm aufzunehmen. Denn die Spionagetätigkeiten der NSA, möglicherweise in Zusammenarbeit mit deutschen Geheimdiensten, verletzte ganz klar das Grundrecht aller Bürger auf individuelle Selbstbestimmung. Auch Edda Müller forderte einen besseren Schutz von Whistleblower in Deutschland. Menschen wie Snowden seien weder "Kinderschänder und Steuerhinterzieher", sondern würden die Wahrheit aufdecken.
Raus aus dem Transit?
Der Preis wird Ende August in Berlin verliehen. Ob Edward Snowden allerdings persönlich den Preis in Empfang nehmen kann, ist fraglich. Man wolle ihn natürlich gerne "als freien Bürger in Berlin empfangen", so Jäckel. Allerdings seien in der Vergangenheit bereits Preise in Abwesenheit der Preisträger verliehen worden. Die Kontaktaufnahme zu Snowden sei schwierig, gab Grassl zu.
Weitere gute Nachricht für Snowden: Er darf den Tranistbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo nun offenbar verlassen, womöglich schon in Kürze: Nach Angaben russischer Medien hat Russlands Einwanderungsbehörde ihm die notwendigen Papiere dafür ausgestellt. Er könnte sich damit auf russischem Staatsgebiet bewegen, während sein Asylantrag geprüft werde. Nicaragua, Venezuela und Bolivien boten ihm Zuflucht an, doch kann er dies nicht in Anspruch nehmen, da ihm die Ausweispapiere zur Weiterreise fehlen. Daher beantragte Snowden schließlich in Russland Asyl.