So war's: Deutschland 2017
Nein, es passiert nicht jeden Tag genau so viel, wie in eine Zeitung passt. Es passiert viel mehr. Aber ein Jahr ist lang - am Ende bleibt nur das in Erinnerung, was uns irgendwie berührt, aufgeregt, verwundert hat.
Oh, schon so spät?
Hatten wir eigentlich einen Wahlkampf? Allgemeiner Befund: so langweilig war es noch nie. Dabei ging es für die Kanzlerin um viel. Die Bundestagswahl war so etwas wie eine Volksabstimmung über ihre Flüchtlingspolitik seit 2015. Ergebnis: Sie ist weiterhin die Stärkste. Aber eine neue Regierung lässt weiter auf sich Warten.
Sie sind drin!
Der neue Deutsche Bundestag hat nach den Wahlen am 24. September mehr als ein Facelifting hinter sich. Erstmals sind sechs Parteien im Berliner Reichstag vertreten und ein alter Bekannter, die FDP, vier Jahre vom Wähler parlamentarisch verbannt, ist wieder da. Die große Zäsur aber markiert die AfD. Die Rechtspopulisten sind nicht nur mit dabei, sondern auch drittstärkste Kraft.
Abschied von einem Europäer
Sein Sarg, eingehüllt in die Farben der EU: die Trauerfeier für Helmut Kohl war ein politischer Akt. Am 16. Juni starb der Altkanzler mit 87 Jahren. In Deutschland war der Mann aus der Pfalz lange umstritten, vor allem im Ausland gilt er vielen als großer Europäer. In den Geschichtsbüchern ist er längst.
Brezel legen mit Kate
Wo sie auftauchen geraten die Menschen in Verzückung. Prinz William und seine Gattin Kate kommen an - auch in Deutschland. Vielleicht deshalb, weil wir selbst den Glanz einer Monarchie nicht mehr haben. Beim Besuch des Prinzenpaares in "Heidelbörgh" sammelten sie weiter Pluspunkte beim Brezellegen. Kleiner Wermutstrophen: sie kamen ohne Kinder.
Anschlag auf Schwarz-Gelb
11. April, ein Fußball-Abend. Borussia Dortmund empfängt AS Monaco, doch der Anpfiff bleibt aus. Auf dem Weg ins Stadion detonieren drei Sprengsätze genau in der Sekunde, als der schwarz-gelbe Mannschaftsbus vorbeifährt. Eine der Bomben explodiert über dem Bus - zum Glück. Es bleibt die Armverletzung von Marc Batra und die Erkenntnis: Sicherheit kennt keine Garantie.
Feuer und Flamme für Randale
Wer war dafür verantwortlich? Politik, Polizei und Protestler streiten darüber bis heute. Fest steht: Hamburg erlebte am 7. und 8. Juli rund um den G20-Gipfel einen nicht erklärten Ausnahmezustand. 31.000 Polizisten reichten nicht, um Gewaltexzesse zu verhindern, an denen auch Uniformierte ihren Anteil hatten. Bilanz: Mehr als 100 Verletzte - an die Gipfelergebnisse erinnern wir uns nicht mehr.
Mal schnell die Ehe für alle beschließen
Eine Mehrheit im Bundestag hatte die Ehe für alle schon länger. Nur darüber abstimmen lassen wollte Angela Merkel nicht. Doch urplötzlich - kurz vor Toresschluss der Legislaturperiode - machte die Kanzlerin den Weg frei für die Abstimmung. Sie selbst allerdings stimmte dagegen.
Die Diesel-Trickser
Der Diesel, wegen seiner Langlebigkeit und niedrigeren Steuern für Kraftstoff jahrzehntelang ein Liebling des deutschen Autofahrers, ist ein Verlierer des Jahres. Seine Abgaswerte sind für immer mehr Menschen nicht mehr akzeptabel. Diese auch noch zu verschleiern durch manipulierte Messgeräte hat dem Image der deutschen Autobauer schwer geschadet. Ein Problem für die erfolgsverwöhnte Branche.
Ab ins Museum
Sie ist Sinnbild für das, was seit 40 Jahren der "deutsche Herbst" heißt: Die "Landshut" der Lufthansa. Im Oktober 1977 war sie der Schicksalsort von 86 Passagieren und fünf Crew-Mitgliedern, die als Geiseln fünf Tage in Todesangst verbrachten. Noch bis 2008 war die Maschine in Betrieb - zuletzt in Brasilien. Inzwischen ist sie wieder in Deutschland - im Museum.
Noch ein Ass im Ärmel?
Ist er nun pleite oder nicht? Er sagt, alles laufe normal weiter. Boris Becker, deutsches Tennis-Wunderkind der 1980er Jahre, hatte für sich und die Seinen längst ausgesorgt, doch im Juni erklärt ihn ein Londoner Gericht für insolvent. 14 Gläubiger fordern Geld von ihm, einer allein sogar 40 Millionen Schweizer Franken. Kann er noch mal returnieren?
Wer war das noch gleich?
Das große Lutherjahr war alles andere als volksnah. Der deutsche Mönch, der die Welt veränderte, ist 500 Jahre nach seinem Thesenanschlag offensichtlich kein Mann mehr, der die großen Massen bewegt. Die vielen Luther-Feiern hatten für manchen Beobachter etwas von verordneter Fröhlichkeit.
Beate Zschäpe: Auf dem Weg zu lebenslang?
Staatsanwaltschaft und Nebenkläger sind sich einig: Beate Zschäpe soll für den Rest ihres Lebens hinter Gitter. Der Mammutprozess gegen die Rechtsextremistin nähert sich nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen dem Ende, doch ihre Rolle in der Terrorzelle bleibt nach wie vor unklar. War sie der Kopf des NSU, der zehn Menschen ermordete?
War halt nur so ne' Idee
365 Tage, zwölf Monate und am Ende bleibt ein Wort: Jamaika-Aus. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat das Scheitern einer schwarz-grün-gelben Polit-Premiere zum Wort des Jahres erklärt. Die Liberalen wollten einfach nicht. Vielleicht klappt es ja 2018 mit einer neuen Regierung für Deutschland.