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Soldaten leiden unter Auslandseinsätzen

Steffen Leidel10. Februar 2004

Deutschland hat die Führung der Internationalen Schutztruppe (ISAF) an die Kanadier übergeben. 1700 deutsche Soldaten bleiben in Afghanistan. Für einige bedeuten solche Auslandseinsätze Psychostress.

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Bundeswehrsoldat in AfghanistanBild: AP

Der Einsatz im Irak entwickelt sich für immer mehr US-Soldaten zum Trauma. Kürzlich räumte der Pentagonarzt William Winkenwerder ein, dass aus dem Irak über 400 Soldaten wegen psychischen Problemen abgezogen werden mussten. Sorgen bereitet dem US-Militär auch die steigende Selbstmordrate: mindestens 21 US-Soldaten nahmen sich im Irak seit Ende der offiziellen Kampfhandlungen im Mai das Leben.

Unter Experten herrscht Konsens: Auslandseinsätze an sich stellen für Soldaten eine enorme Belastung dar. Mit steigender Selbstmordrate hat die Bundeswehr zwar nicht zu kämpfen: Seit Beginn der Auslandseinsätze haben sich elf Soldaten das Leben genommen, teilt das Verteidigungsministerium auf Anfrage von DW-WORLD mit. Allerdings räumt es ein, dass es "trotz aller Präventionsmaßnahmen zu einer Zunahme von Soldaten gekommen ist, deren psychische Verfassung ungünstig beeinflusst wurde".

Dunkelziffer

Verantwortlich dafür seien die längere Dauer und die steigende Anzahl von Auslandseinsätzen sowie die "Zunahme psychotraumatisierender Erlebnisse". Zwischen einem und 1,5 Prozent der Soldaten seien von psychischen Störungen betroffen. Das sei aber im internationalen Vergleich wenig, betont das Ministerium. Hier läge der durchschnittliche Anteil zwischen zwei und 2,5 Prozent.

Für Marcus Garbers, Referatsleiter für Betreuung und Fürsorge beim Bundeswehrverband, sind Statistiken zu diesem Thema nur bedingt aussagekräftig. "Es gibt eine größere Dunkelziffer", sagt Garbers. Soldaten mit psychischen Problemen trauten sich häufig nicht, darüber zu sprechen. Nach Ansicht von Wehrpsychologen gibt es immer noch Vorgesetzte, die Soldaten, die nicht "ihren Mann stehen" für ungeeignet halten.

Symptome erst nach Monaten

Dabei bringt das harte Leben im Feldlager so manchen Soldaten trotz guter Vorbereitung aus dem Gleichgewicht. In Afghanistan etwa gibt es kaum Intimsphäre, Familie und Freunde sind weit weg, dazu kommt die Angst vor Anschlägen. Traumatische Erlebnisse wie der Angriff auf einen Bundeswehrbus im Juni 2003 in Kabul sind selten, doch nicht auszuschließen. Damals waren vier deutsche Soldaten gestorben, 29 wurden zum Teil schwer verletzt.

JAHRESRÜCKBLICK 2003 JUNI DEUTSCHLAND AFGHANISTAN BUNDESWEHR
Bundeswehr-Soldaten tragen Sarg eines KameradenBild: AP

Der Anschlag hinterließ nicht nur körperliche Wunden. Noch heute kämpfen Opfer und Helfer damit, die schrecklichen Bilder von damals zu verkraften. Häufig treten die psychischen Störungen erst Monate nach dem Einsatz auf. Die so genannten Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) äußern sich in Form von Panikattacken, Herzrasen, Schwindel und Durchfall, aber Aggressionen, Leeregefühl und Frustration. Werden die PTBS nicht behandelt, können sie über Jahrzehnte erhalten bleiben. Noch 15 Jahre nach Ende des Vietnamkrieges habe eine viertel Million US-Veteranen an PTBS gelitten, schreibt das Reservistenmagazin "loyal".

Familäre Probleme

Der Bundeswehrverband stellt fest, dass die Zahl der Trennungen steigt. "Es rufen uns immer mehr Soldaten an, die sich nach Auslandseinsätzen über familiäre Probleme beklagen", sagt Garbers. Eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr aus dem Jahr 2002, die noch immer vom Verteidigungsministerium unter Verschluss gehalten wird, bestätigt diese Aussage. Eine Befragung von KFOR-Soldaten ergab, dass 15 Prozent der Partnerschaften in die Brüche gehen. Dabei sind vor allem "sehr junge Soldaten mit noch lockeren Partnerschaften" betroffen, betont das Verteidigungsministerium. Für die Autoren der Studie, die DW-WORLD in Auszügen vorliegt, ist das aber "kein Grund zur Beruhigung". So könne davon ausgegangen werden, dass die "Qualität der Ehen unter dem Einsatz leidet, ohne dass es direkt zu einer Trennung kommt".

Garbers fordert deshalb, die Dauer des Auslandseinsatzes eines Soldaten von sechs auf vier Monate zu reduzieren. Struck habe schon bekannt gegeben, dass er die Verkürzung anstrebe. "Wir hoffen, dass diese Absicht auch umgesetzt wird", so Garbers. Das Verteidigungsministerium hält sich mit konkreten Aussagen aber noch zurück: "Die Umstellung der Kontingentdauer wird derzeit geprüft", teilte es auf Anfrage mit.