"Solidarity Hoodie": Kapuzenpulli gegen Hass
5. Juli 2018Ob gelb, grün, schwarz, grau oder blau - eines haben all diese Hoodies gemeinsam: eine Kippa auf der Kapuze. Der sogenannte "Solidarity Hoodie" übernimmt die traditionelle Kopfbedeckung aus der jüdischen Religion. So entwickelt sich der Kapuzenpullover zu einem politischen Mode-Statement.
Für den "Solidarity Hoodie" hätten die Designer "religiöse Symbole rekontextualisiert", wie der Pressesprecher der Berliner König Galerie, Christoph Pantke, beschreibt. Gemeinsam gestaltet haben ihn der Berliner Galerist Johann König und das Frankfurter Künstler-Kollektiv "Ignaz".
Der Kapuzenpullover sei eine Reaktion auf die Initiative "Berlin trägt Kippa", sagt Pantke. Im Rahmen der Aktion sind im April bundesweit zahlreiche Menschen mit Kippa auf die Straße gegangen, um ihre Solidarität für in Deutschland lebende Juden auszudrücken. Auslöser war ein gewaltsamer Angriff auf zwei Kippa tragende Männer in Berlin-Prenzlauer Berg wenige Tage zuvor.
Mit diesem neuen Kleidungsstück setzten die Designer ein Symbol für Toleranz und Solidarität, so Pantke. Es sei ein deutliches Zeichen gegen Intoleranz, Hass und Antisemitismus.
Jüdisches Museum unterstützt das Projekt
Für die Pressefotos posieren die Models an verschiedenen Orten. Auch das Jüdische Museum in Berlin dient als Hintergrund für die Werbebilder. Das Museum, das nur wenige Straßen von der König Galerie liegt, ist nicht in das Projekt "Solidarity Hoodie" involviert, wurde aber für die Fotos angefragt.
"Wir fanden es aber auch richtig, diese Aktion zu unterstützen", so Gregor H. Lersch, Leiter der Wechselausstellung des Jüdischen Museums. Das Museum hat kürzlich selbst eine eigene Initiative ins Leben gerufen. "Die Kippa des Anstoßes" soll den Dialog und die Reflexion über Antisemitismus in Deutschland fördern.
Jedoch "wäre es ein bisschen zu einfach, wenn wir Antisemitismus durch das Tragen von modischen Hoodies in den Griff kriegen würden", sagt Lersch. "Wenn es einen Effekt gibt, dann den Effekt von Öffentlichkeit." Womöglich könne der Kippa-Hoodie den Diskurs über das öffentliche Tragen der jüdischen Kopfbedeckung anregen.
Kombination von Mode und religiöser Tradition
Obwohl eines der drei Mitglieder von "Ignaz" (Jakob Blumenthal, Joel Olchow, Bernado Macedo Weiß) selbst Jude ist und es positiv sieht, moderne Mode mit einem religiösen Symbol zu kombinieren, sei die Motivation eine künstlerisch-gesellschaftliche, keine religiöse. Laut Pantke habe der religiöse Hintergrund keinerlei Einfluss auf die Entwicklung des "Solidarity Hoodies" gehabt. Die Tatsache, dass die Idee des "Solidarity Hoodies" nicht von der jüdischen Gemeinde ausgehe, im Gegensatz zur Aktion "Berlin trägt Kippa", sondern ein künstlerisches Projekt sei, hält Lersch für besonders wichtig.
Spiel mit dem Feuer
Das Design der Kapuzenpullover "spielt natürlich an einer provokativen Grenze", sagt Lersch. Aus religiöser Sicht wird die traditionelle Kopfbedeckung durch das indirekte, modische Tragen eines Kippa-Kapuzenpullovers von ihrer eigentlichen Symbolik, den jüdischen Glauben zu visualisieren, entkoppelt.
"Das ist aber auch so eine kritische Grenze, die in diesen Hoodies steckt", sagt Lersch. Sich eine Kippa-Kapuze über den Kopf zu ziehen und nicht direkt eine Kippa auf dem Kopf zu tragen ist eine modische Spielerei. "Es ist einfach interessant, die Reaktion darauf zu sehen. Sich praktisch selbst in diese Rolle zu begeben."