Solidarität mit protestierenden Flüchtlingen
22. Dezember 2014Deutsche Welle: Sie sind eine Gruppe von mehreren Fotografen, die zum Teil auch als freie Journalisten arbeiten, und dokumentieren hauptsächlich die Proteste geflüchteter Menschen in Deutschland und Europa. Wie kam es dazu, dass sie sich als "Photographers in Solidarity" zusammengefunden haben?
Christina Palitzsch: Wir haben uns eher zufällig 2012 am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin getroffen, wo eine Gruppe von Geflüchteten gegen die allgemeine Situation von Asylsuchenden in Deutschland protestiert hat. Dort haben wir beobachtet, dass viele Menschen gar nicht wissen, was da gerade passiert und warum die Menschen dort auf dem Platz waren. Und bei vielen Passanten war die Hürde, die Protestierenden direkt anzusprechen, zu groß. Wir entwickelten dann die Idee, eine Ausstellung am Rande der Proteste zu organisieren, und innerhalb von einem Tag hatten wir dort unsere Bilder mit kleinen Informationstexten aufgestellt. Dort sind schnell viele Leute stehengeblieben und wollten sich informieren über die Sorgen und Nöte der Menschen.
Auf der anderen Seite wollen wir die Geflüchteten im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen. Wir wollen ihnen eine Stimme geben, sie wollen oft an die Öffentlichkeit und aus ihrer Isolation heraus und dieses jahrelange Warten auf einen Asylbescheid thematisieren. Wir möchten zwischen der isolierten Situation der Geflüchteten und der Unwissenheit der Öffentlichkeit - über die Residenzpflicht, fehlende Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge, das Gutscheinsystem - vermitteln. Wir wollen eine Brücke bauen.
Auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie bei Ihrer Arbeit?
Auf der einen Seite ist es für uns oft schwierig, weil wir die Menschen ja auch über längere Zeit begleiten und kennen lernen. Ihr Protest geht nicht spurlos an einem vorüber. Im Winter gab es auf dem Pariser Platz den Hungerstreik. Man sieht dann, dass es den Leuten nicht gut geht. Und wenn sich auch noch kein Politiker über längere Zeit sehen lässt, ist das auch für uns als Beobachter eine schwierige Situation.
Auf der anderen Seite gibt es natürlich immer mal wieder problematische Situationen, auch mit der Polizei. Gerade im Zusammenhang mit den Protesten in der Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin. Diese war von Flüchtlingen besetzt worden und sollte geräumt werden. Dann wurde die komplette Straße von der Polizei abgesperrt, und es gab keine Möglichkeit mehr, mit den Menschen innerhalb der Schule zu sprechen. Wir haben trotzdem unseren Weg zu den Protestierenden auf dem Dach der Schule gefunden und konnten so unserer journalistischen Arbeit nachgehen.
Bei vielen Journalisten herrscht die Maxime vor, man solle sich mit keiner Sache gemein machen und möglichst neutral sein. Sehen Sie da keinen Konflikt mit Ihrer Arbeit für die "Photographers in Solidarity"?
Fakt ist, dass es eine Gesetzgebung gibt, die Asylsuchende diskriminiert und die man auch als Journalist kritisieren kann. In Deutschland gibt es im Grunde kein richtiges Recht auf Asyl. Diese Gesetzgebungen kann ich nicht nachvollziehen und deswegen mache ich mich auch mit den Anliegen der protestierenden Geflüchteten gemein.
Sie haben in den letzten zwei Jahren vor allem Ihre erste Ausstellung als Wanderausstellung gezeigt. Wie soll es in Zukunft weiter gehen?
Auf jeden Fall machen wir mit unserer normalen Arbeit, also der Webseite und den Informationen in den sozialen Medien, weiter. Aktuell bereiten wir aber auch eine größere Ausstellungsmappe vor, weil wir unsere Arbeit gerne noch mehr Menschen abseits der Proteste zeigen würden. Das ist der Plan für nächstes Jahr: eine größere Ausstellung.
Christina Palitzsch ist eine der Mitbergünderinnen von "Photographers in Solidarity". Die Bilder der Fotografen wurden bereits in zahlreichen internationalen und nationalen Medien veröffentlicht. Darunter auch El País, The Guardian, Der Spiegel, Tagesspiegel sowie die taz.