Später Schock für England
11. Juni 2016So nah können Glück und Glück beisammen liegen: Eben noch hatte Eric Dier in der Abwehr seiner Engländer einen echten Bock geschossen. Nach einer Ecke für Russland hatte der Mittelfeldmann per Kopfball-Aufsetzer seinen Torwart Joe Hart zu einer Glanzparade gezwungen. Und nur wenige Minuten später war er es, der mit seinem Freistoß unter die Latte die Three Lions jubeln ließ (73. Minute). Zum Sieg reichte es trotzdem nicht für Diers Team. Denn in der zweiten Minute der Nachspielzeit schaffte Alexej Beresuzki per Kopf noch den überraschenden Ausgleich zum 1:1 (0:0)-Endstand in dieser Partie der Vorrundengruppe B in Marseille.
Dabei hätten die Engländer durchaus einen Sieg in ihrem Auftaktspiel in dieses Europameisterschafts-Turnier schaffen können, wenn Adam Lallana seine Großchancen in der ersten Halbzeit nur genutzt hätte und wenn Torwart Igor Akinfejew nicht so hervorragend reagiert hätte wie bei den Versuchen von Chris Smalling und besonders von Wayne Rooney Mitte der zweiten Hälfte. Rooney hatte aus 16 Metern stramm flach draufgehalten, Akinfejew brachte noch eine Hand an den Ball und lenkte ihn an den Pfosten.
Akinfejew im Wechselbad der Gefühle
Beim Treffer von Dier machte Akinfejew dann aber eine unglückliche Figur: Der Engländer zielte bei seinem Freistoß aus 20 Metern auf die Torwartecke, der Schlussmann der Russen machte einen Schritt in die falsche Richtung und musste den Ball, der gar nicht übermäßig gut platziert war, passieren lassen. Englands Torhüter Hart war beim späten Ausgleich hingegen machtlos, auch wenn Beresuzkis Kopfball wie eine Bogenlampe über ihn hinweg ins lange Eck segelte. "Klar bist du enttäuscht" sagte Dier nach der Partie. "Wir haben das ganze Match gut gespielt, und dann kommt das Unentschieden kurz vor Schluss. Große Enttäuschung." So nah liegen dann doch auch Glück und Pech beisammen.
Bei den Russen kam der Deutsch-Russe Roman Neustädter, kurz zuvor erst von Staatspräsident Wladimir Putin persönlich im Schnellverfahren eingebürgert, zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz im Nationaltrikot. "Es fühlt sich an wie ein Traum", sagte Neustädter mit Blick auf sein Alter von 28 Jahren. Er machte eine unauffällige Partie, wurde aber in der 80. Minute ausgewechselt. "Wenn man in der letzten Minute das 1:1 macht, einen Punkt mitnimmt, ist die Freude riesengroß. Nichtsdestotrotz müssen wir analysieren, aufarbeiten, was nicht so gut läuft."
Schwere Ausschreitungen in Marseille
Russland spielt nun in der nächsten Partie gegen die Slowakei, England muss im "Briten-Derby" gegen Wales antreten, das völlig unerwartet nach diesem ersten Spieltag die Tabelle der Gruppe B anführt. Trotz der gefühlten Niederlage bleibt Englands Torschütze Dier optimistisch: "Ich glaube, wir nehmen viel Positives mit aus diesem Spiel.
Überschattet wurde die Partie vor 67.000 Zuschauern von schlimmen Fan-Ausschreitungen in Marseille. Hooligans der beiden Lager waren im Laufe des Tages in der Hafengegend erstmals aneinander geraten, später dann in der Nähe des Stadions. Ein Mann schwebt in Lebensgefahr, Fernsehbilder zeigten, wie er auf offener Straße wiederbelebt werden musste. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Auch nach dem Schlusspfiff setzte sich die Randale im Stadion fort. Zeugen berichten, dass sogar Frauen und Kinder getreten worden seien.
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