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Spaltet der Iran den Sicherheitsrat?

31. August 2006

Für den Iran läuft die Frist ab, um sein Atomprogramm einzustellen. Seine Weigerung könnte den UN-Sicherheitsrat auf eine harte Probe stellen: Es herrscht Uneinigkeit über die Sanktionen.

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Ahmadinedschad will auf sein Atomprogramm nicht verzichtenBild: picture-alliance/dpa

Die USA wähnen sich kurz vor dem Ziel: UN-Sanktionen gegen Teheran. Doch es könnte ein schaler Sieg werden, denn möglicherweise wird der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen keine scharfen Sanktionen verhängen. Und sollten die USA eine härtere Gangart zu forcieren, setzen sie die mühsam geeinte Front im Sicherheitsrat aufs Spiel.

Der UN-Sicherheitsrat hat dem Iran eine Frist bis Donnerstag (31.8.2006) gesetzt, die Uranreicherung im Rahmen seines Atomprogramms einzustellen. Doch wenige Stunden vor Ablauf des UN-Ultimatums hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad seine unbeugsame Haltung im Atomstreit bekräftigt. Der Iran werde "den Einschüchterungen nicht einen Zentimeter nachgeben" und es nicht akzeptieren, seiner Rechte beraubt zu werden, sagte er am Donnerstag in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache in der Provinz West-Aserbaidschan. Die "unterdrückerischen Mächte" wollten den Iran in seiner Entwicklung behindern, seien dabei aber nicht erfolgreich.

Beratungen noch diese Woche

Saddam Hussein vom Sockel gestürzt
Auch Saddam Hussein stürzte nicht durch Sanktionen. Die treffen nur das einfache VolkBild: AP

Damit hatte der Iran das Anfang Juni vorgelegte Kompromissangebot der internationalen Gemeinschaft abgelehnt, das von Deutschland sowie den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates - Frankreich, Großbritannien, USA, Russland und China - erarbeitet wurde. Dem Iran werden darin wirtschaftliche und politische Anreize in Aussicht gestellt, wenn er im Gegenzug sein Atomprogramm beendet. Im Fall einer Ablehnung werden Sanktionen angedroht. Mit den Beratungen darüber könnte der Sicherheitsrat nach Ablauf der Frist noch in dieser Woche beginnen.

Dabei könnten die Differenzen im Sicherheitsrat wieder deutlich zu Tage treten: Wirtschaftssanktionen seien zwar am wirkungsvollsten, aber unrealistisch, meint Jerry Sommer vom Internationalen Konversionszentrum in Bonn, denn der Iran ist derzeit der viertgrößte Erdölexporteur der Welt. "Der Ölpreis würde auf über 100 Dollar pro Barrel steigen", vermutet er. Daher würden sich die europäischen Staaten, die enge Handelsbeziehungen zu der Ölmacht unterhalten, mit Sanktionen gegen iranische Energieexporte selbst treffen: "Allerdings würde das Iran sicherlich am meisten schmerzen, weil ein großer Teil des Staatshaushaltes über die Ölexport-Einnahmen finanziert wird."

Zugeständnisse der USA

Die USA werden sich dem europäischen Wunsch nach zunächst milden Sanktionen vermutlich beugen und zugleich auf härtere Wirtschaftssanktionen in der Zukunft dringen, vermutet Sommer: "Die vorerst leichten Sanktionen sind zum Beispiel Reisebeschränkungen für iranische Regierungspolitiker oder Sperrung ihrer Konten." Das seien aber symbolische Sanktionen, die relativ wenig bewirkten. Wirtschaftliche Sanktionen hingegen – das hätte die Vergangenheit, etwa gegen Nordkorea, Kuba oder Irak gezeigt - träfen vor allem das Volk, während die herrschende Klasse immer wieder Mittel und Wege gefunden habe, die Sanktionen zu umgehen.

Iran Atomstreit - Iranische Atomanlage Buschehr
Russland baut weiter am Atomkraftwerk in Bushehr im Südiran. Ein milliardenschwerer AuftragBild: picture-alliance/dpa

Sollte es dem Iran jedoch gelingen, Russland oder China auf seine Seite zu ziehen, steht möglicherweise eine Spaltung des Sicherheitsrates bevor: Bei einem Treffen in Peking mit einem iranischen Gesandten hatte der chinesische Außenminister Li Zhaoxing am Mittwoch (30.08) Chinas Willen zu einer diplomatischen Lösung bekräftigt, denn der Iran ist ein wichtiger Handelspartner: Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres ist das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten um 44 Prozent auf rund 6,2 Milliarden Euro gewachsen.

Und auch aus Russland kommt Ablehnung: Bereits in der vergangenen Woche hatte Vizeregierungschefs Sergej Iwanow die Diskussion über Sanktionen als "verfrüht" bezeichnet: Auch hier sind die wirtschaftlichen Verflechtungen ausschlaggebend: Russland hat inzwischen Aufträge für den Bau von 12 weiteren Atomkraftwerken im Iran.

Sanktionen stürzen Diktatoren nicht

Der Iran lebt allerdings schon seit über 20 Jahren mit den Handelssanktionen, die die USA als größte Wirtschaftsmacht damals verhängt haben. Sämtliche Konten iranischer Staatsbürger wurden eingefroren und jeglicher Handel mit dem Iran in den USA verboten. Dennoch hat sich der Iran in den letzten 20 Jahren wirtschaftlich weiterentwickelt. Neue Wirtschaftssanktionen könnten die iranische Führung deshalb eher stärken als schwächen, meint Jerry Sommer: "Ich glaube, dass solche Sanktionen vom gegenwärtigen Regime dazu genutzt werden könnten, sich mehr Unterstützung in der Bevölkerung für das eigene Atomprogramm zu holen." Das führe dann eher noch zu einer Verhärtung der iranischen Positionen. (ina)