Spaniens Ministerpräsident Rajoy gestürzt
1. Juni 2018Der Premier hatte es kommen sehen. Schon vor der Abstimmung im Parlament gab sich Rajoy geschlagen. Der Vorsitzende der konservativen Volkspartei Partido Popular (PP) räumte seine Niederlage ein und sagte, es sei eine Ehre gewesen, Regierungschef von Spanien zu sein: "Ich danke allen Spaniern für ihre Unterstützung. Viel Glück." Rajoy muss nun bei König Felipe VI. vorstellig werden und seinen Rücktritt verkünden.
Die Sozialisten (PSOE), die den konstruktiven Misstrauensantrag eingebracht haben, konnten bereits am Donnerstagabend der erforderlichen absoluten Mehrheit im spanischen Parlament sicher sein. Tatsächlich wurde der Antrag von 180 der 350 Abgeordneten unterstützt. Damit ist der Weg für Sozialistenchef Pedro Sánchez frei, der die Nachfolge Rajoys antritt.
Allerdings dürfte es nicht leicht werden für Sánchez, dessen Sozialistische Partei - die aus der Parlamentswahl 2016 als Verliererin hervorgegangen war - nur über 84 Sitze verfügt. Rajoys PP hat dagegen 134 Abgeordnete im Parlament.
Rajoy, der seit 2011 Ministerpräsident war, führte seit der Wahl 2016 eine Minderheitsregierung. Er hätte seine Partido Popular an der Macht halten können, wenn er vor dem Votum zurückgetreten wäre. Doch das "wäre weder im allgemeinen Interesse Spaniens noch im Interesse der PP, die in diesem Fall Hand in Hand gehen", sagte die Generalsekretärin der Volkspartei, María Dolores de Cospedal, in Madrid. Allerdings steht die PP nun völlig allein da: Selbst ihre bisherigen Verbündeten, die liberalen Ciudadanos (Bürger), hatten Rajoy zum Rücktritt und der Ausrufung von Neuwahlen aufgefordert.
Korruptionsaffäre brachte Rajoy zu Fall
Zwar haben Ciudadanos die Sozialisten nicht unterstützt, aber Sánchez fand auch so seine Mehrheit: Außer den 84 Abgeordneten der PSOE haben auch das linke Bündnis Unidos Podemos, das über 67 Sitze verfügt, und mehrere Regionalparteien - unter anderem auch aus der Krisenregion Katalonien - sowie die baskische PNV gegen den Regierungschef votiert.
Die Sozialisten hatten den konstruktiven Misstrauensantrag als Reaktion auf die Gerichtsurteile in der Korruptionsaffäre um Rajoys PP eingebracht. Der nationale Strafgerichtshof hatte die Partei in der vergangenen Woche wegen Verwicklung in den Skandal zu einer Geldstrafe von 245.000 Euro verurteilt. Mehrere frühere Parteimitglieder erhielten teils langjährige Haftstrafen.
Es ist erst der vierte Misstrauensantrag in Spanien seit dem Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975. Die drei vorangegangenen Anträge waren gescheitert.
rb/jj (afp, ap, dpa, rtr)