Wut über neues Abtreibungsgesetz
21. Dezember 2013Die konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy will Abtreibungen in Zukunft deutlich erschweren. Der Reformentwurf, der am Freitag auf einer Kabinettssitzung in Madrid gebilligt wurde, sieht vor, dass Abtreibungen künftig nur noch in Fällen von Vergewaltigung oder bei schweren gesundheitlichen Risiken für die Mutter zulässig sein sollen. Zudem sollen Abtreibungen nur noch bis zur 14. Schwangerschaftswoche legal durchgeführt werden dürfen.
Kurze Zeit nach der Kabinettsentscheidung gingen Tausende im ganzen Land spontan auf die Straßen, um zu protestieren. In Madrid versammelten sich laut Medien zunächst insgesamt rund Tausend Menschen vor dem Justizministerium und auch vor dem Hauptsitz von Rajoys Volkspartei (PP). Unter dem Motto "Mein Bauch gehört mir!" machten vor allem Frauen ihrer Empörung Luft. Sie forderten den Rücktritt von Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón. Er zwinge die Frauen zu illegalen Abtreibungen, hieß es. Proteste gab es auch in Barcelona und anderen Städten.
Kritik auch von Konservativen
Die Reformpläne, die vom Parlament noch abgesegnet werden müssen, werden seit Monaten von linken Parteien, von Frauenverbänden und Menschenrechtsgruppen scharf angeprangert. Kritik gab es aber auch von konservativ-christlich ausgerichteten Bewegungen wie der Baskischen Nationalistischen Partei PNV. Die Reform erfolge "auf Druck sehr reaktionärer Sektoren", klagte etwa die PNV-Präsidentin der Provinz Bizkaia, Itxaso Atutxa.
Das Gesetz von 2010 sei seinerzeit "mit großem Konsens in Parlament und Gesellschaft" beschlossen worden, betonte sie. Die sozialistische Vorgängerregierung unter Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero hatte damals die alte Regelung durch die Fristenlösung ersetz. Sie gestattet Frauen bisher eine Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche ohne jedwede Angabe von Gründen. Nur Mädchen unter 16 Jahren müssen eine Einverständnis- Erklärung ihrer Eltern vorlegen. Falls eine Missbildung des Fötus vorliegt und auch bei physischen oder psychologischen Risiken für die Mutter darf ein Abbruch sogar bis zur 22. Woche erfolgen.
"Zurück ins Mittelalter"
Rajoy betonte, die Reform des Abtreibungsgesetzes habe seine Volkspartei (PP) im Wahlprogramm versprochen. "Wir haben eine Regulierung in Anlehnung an das Gesetz von 1985 vorgenommen, das in Spanien 20 Jahre lang galt und damals von der (sozialistischen) Regierung von Felipe González erarbeitet wurde", sagte er vor Journalisten.
Kritiker entgegnen jedoch, im Gesetz von 1985 sei unter anderem bereits die Abtreibung wegen Missbildung des Fötus erlaubt worden - eine Möglichkeit, die nun im Entwurf von Gallardón abgeschafft wird. Die Zeitung "El País" schrieb, es handele sich um das "restriktivste Abtreibungsrecht" seit der Rückkehr des Landes zur Demokratie (1975).
Bürgerinitiativen, die für mehr Demokratie und gegen die Korruption kämpfen, wie die Bewegung "DRYMadrid" ("Wirkliche Demokratie sofort!"), klagten in ersten Reaktionen auf Twitter, Rajoy wolle das überwiegend katholische Land "ins Mittelalter zurückwerfen". Mit etwa 120.000 Abtreibungen pro Jahr liegt Spanien nach amtlichen Angaben über dem europäischen Durchschnitt.
pg/SC (dpa, epd, afp)