Kahlschlag an der Uni Leipzig?
7. April 2014Ende März äußerte sich ausgerechnet der portugiesische Botschafter in Berlin zu Sachsens Spardiktat. "Bei allem Respekt", kritisierte Luís de Almeida Sampaio in der Wochenzeitung "Die Zeit", "ich glaube, dass die Universität Leipzig eine Fehlentscheidung getroffen hat."
Natürlich ist das eher eine Randnotiz und bei den finanziellen Problemen Portugals schon fast als Ablenkungsmanöver zu begreifen. Aber es zeigt deutlich, welche Tragweite und Außenwirkung die momentanen Geschehnisse in Sachsen haben. Der massive Stellenabbau an den Hochschulen wird weit über die Grenzen Ostdeutschlands hinaus wahrgenommen – und er stößt vielerorts auf Kritik.
Archäologie und Theaterwissenschaft vor dem Aus
Konkret bemängelt der Botschafter die Kürzungen bei der Romanistik, denn Portugal investiert selbst in das Institut. Wäre Luís de Almeida Sampaio auch noch Hobbyarchäologe und Theaterfreund, könnte er in Leipzig gleich noch viel mehr kritisieren. Denn die Archäologie und die Theaterwissenschaft sollen gleich ganz geschlossen werden. So hat es Uni-Rektorin Beate Schücking festgelegt, nun wehrt sie sich gegen die Kritik. Man setze nur um, was das Spardiktat des sächsischen Landtages vorgebe, betont Schücking, der Senat habe handeln müssen. "Es gibt keine Alternative dazu, wenn an der Universität so viele Stellen eingespart werden müssen", so die Rektorin. Die Theaterwissenschaft sei ein Luxus, "den wir uns zukünftig nicht mehr leisten können."
Für die Studierenden des renommierten Studiengangs ist das ein Schlag ins Gesicht. Seit Wochen protestieren sie in der Leipziger Innenstadt gegen ihre Abwicklung, verteilen Flyer und diskutieren mit Passanten. Die zeigen Verständnis, verstehen die Landespolitik nicht, wo doch gerade Sachsen von den jungen Leuten an den Hochschulen profitiert.
Kaum Gespräche, wenige Informationen
Hinterhältig und überfallartig ohne vorherige Gespräche habe das Rektorat die Schließung ihres Instituts verkündet, erzählt Eva Döhne vom Fachschaftsrat der Theaterwissenschaft. Wie viele ihrer Kommilitonen ist sie gleichermaßen enttäuscht von den Politikern und dem Rektorat. "Da wird von der Politik ausgerechnet bei der Bildung gekürzt, wo doch gerade in Sachsen Städte wie Dresden und Leipzig florieren", argumentiert Eva Döhne gegen die Sparpläne.
Seit Jahren wird an den sächsischen Hochschulen kontinuierlich gekürzt, allein die Uni Leipzig hat in den letzten zwei Jahrzehnten über 500 Stellen verloren. Und das trotz steigender Studierendenzahlen, auch aus dem Ausland. Die von Politikern und Bildungsexperten gewollte internationale Wettbewerbsfähigkeit ostdeutscher Universitäten könnte unter dem Stellenabbau leiden.
Ministerium betreibt Zahlenspielerei
Im sächsischen Wissenschaftsministerium in Dresden, dem SMWK, verkauft man den Stellenabbau als zwingend notwendigen Schritt. Ab 2019 gibt es keine zusätzlichen finanziellen Mittel mehr aus Steuergeldern über den sogenannten Solidarpakt zwischen Ost- und Westdeutschland, der nach der Wiedervereinigung eingeführt wurde. Die Einnahmen gehen zurück, dazu sinkt die Bevölkerungszahl, deshalb müssten alle sparen, meint SMWK-Sprecherin Annett Hofmann. Demzufolge auch die Hochschulen, an denen es aber aktuell weder ein Spardiktat noch einen Stellenabbau gebe.
"Wir statten die Hochschulen mit langfristiger Planungssicherheit aus", meint Hofmann - und ignoriert dabei offenbar, dass dafür aber mit wesentlich weniger Stellen geplant werden muss. Tatsächlich bekommen die Hochschulen vom Ministerium momentan sogenannte Überlastmittel, um Studiengänge mit besonders hohen Studierendenzahlen zu finanzieren und befristete Stellen zu unterhalten.
Zwei, vielleicht drei Jahre könne man damit Stellen besetzen, so Beate Schücking, doch die zukünftigen Probleme über 2017 hinaus würden so nur kaschiert. Für die Rektorin bleibt die spannende Frage, "in welchem Umfang sich die ostdeutschen Länder Bildung und Wissenschaft zukünftig leisten können, wollen und sollen." Das seien ganz klar politische Entscheidungen und wenn der Landtag den Beschluss nicht bald korrigiere, "dann wird es für die sächsischen Hochschulen sehr traurig aussehen."