Sparpaket für Griechenland überzogen?
6. Juni 2013Äußerlich ist es nur eine Nachbetrachtung der ersten Rettungsaktion für Griechenland im Jahr 2010. Sie spiegele lediglich die Meinung der Autoren wider, "nicht aber notwendigerweise die der griechischen Regierung oder des IWF-Direktoriums", heißt es auf der Webseite des IWF. Seit dem späten Mittwochabend (05.06.2013) kann man von dort das 51-Seiten-Dokument herunterladen, was dafür spricht, dass es den Segen der IWF-Spitze hat.
Das ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich sind dagegen die deutlichen Worte der Selbstkritik, die sich in dieser Nachbetrachtung finden. Wenngleich das Hilfsprogramm dazu beigetragen habe, ein Ausscheiden Athens aus dem Währungsraum zu verhindern, seien auch Fehler begangen worden, heißt es in dem Report. Zum einen habe man unterschätzt, wie negativ sich das auferlegte Sparprogramm auf die griechische Wirtschaft ausgewirkt habe. Mit 5,5 Prozent Minus hatten die IWF-Experten im Jahr eins der Schuldenkrise gerechnet - tatsächlich wurden daraus 17 Prozent.
Eigene Regeln nicht befolgt
Zudem habe der Fonds seine eigenen Regeln zur Vergabe von Hilfskrediten nicht beachtet. Im ersten Programm hatte Athen Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro erhalten, im November 2012 wurde ein zweites Hilfspaket von 165 Milliarden Euro aufgelegt. Zum Zeitpunkt des ersten Pakets Anfang 2010 sei Griechenland aus heutiger Sicht eigentlich gar nicht für Hilfsgelder qualifiziert gewesen, schreiben die Autoren. Drei von vier Kriterien für die Auszahlung habe das Land im Rückblick nicht erfüllt.
So seien die Experten damals zu optimistisch in ihrer Einschätzung gewesen, wann Griechenland seine Schulden würde zurückzahlen können. Zudem hätten sie den Zeitpunkt der Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt zu optimistisch eingeschätzt, ebenso wie das Reformtempo der Regierung. Die Erfahrungen mit dem ersten Hilfspaket legten deshalb nahe, dass der Fonds seine Vergabepolitik überdenke und sein Regelwerk gegebenenfalls an die Bedingungen einer Währungsunion anpasse, heißt es in dem Papier.
Fehler auch bei der Troika
Zusammenfassend stellt der IWF dem ersten Hilfspaket ein schlechtes Zeugnis aus: "Das Marktvertrauen wurde nicht wiederhergestellt, die Banken verloren 30 Prozent ihrer Einlagen, und die Wirtschaft stand vor einer Rezession, die viel tiefer war als angenommen, und die mit einer außergewöhnlich hohen Arbeitslosigkeit einherging". Fehler seien aber nicht nur dem IWF anzulasten, so die Autoren. Schuld treffe auch die Partner des Fonds – die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB). Gemeinsam bilden sie die so genannte Troika, die die Hilfsgelder für Athen bereitstellt und Reformen überwacht. Denn im Gegenzug zu den Rettungspaketen musste sich Griechenland zu strengen Sparprogrammen, Strukturreformen und Steuererhöhungen verpflichten. Diese Auflagen waren von Anfang an umstritten.
Kritiker werfen der Troika vor, sie habe durch ihre harten Forderungen die Lage in Griechenland noch verschlimmert. Prompt hat sich EU-Kommission vom IWF-Papier distanziert. "Die EU-Kommission ist mit einigen Schlussfolgerungen nicht einverstanden", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Donnerstag in Brüssel. Es handele sich um ein Papier, das nicht die offizielle Haltung des Weltwährungsfonds widerspiegele.
Brüssel widerspricht
Die Behauptung, es sei nicht genug für wachstumsfördernde Reformen in Griechenland getan worden, sei "schlichtweg falsch und unbegründet", so der Sprecher. Auch die Annahme, ein Schuldenschnitt schon zu Beginn der Krise 2010 wäre besser gewesen, wies er zurück. "Der Bericht ignoriert, dass die Euro-Staaten untereinander verbunden sind." Es habe ein systemisches Ansteckungsrisiko für andere Staaten im der Währungsgemeinschaft gegeben.
Dagegen hat die Regierung in Athen den Bericht des IWF ausdrücklich begrüßt - obwohl die Autoren des Berichts große Zweifel an der Reformfähigkeit Griechenlands äußern. "Der Bericht ist objektiv und ist uns willkommen", sagte der griechische Finanzminister Ioannis Stournaras der Athener Zeitung "Kathimerini" am Donnerstag. Der Bericht gebe "allen die Chance, ihre Fehler zu erkennen, damit sie nicht wiederholt werden".